„Scheiße! Ein Ort voller Riesen! Ich hasse Riesen!“
Regie: Albert Pyun / Musik: Tony Riparetti / Kamera: George Mooradian / Schnitt: Margaret-Anne Smith / Ausf. Prod. + Story: Charles Band / Prod.: Cathy Gesualdo / Buch: David Pabian, Chris Rochair
Darsteller: Tim Thomerson (Brick Bardo), Jackie Earle Haley (Braxton Red), Kamala Lopez (Debi Alejandro), Humberto Ortiz (Kevin Alejandro), Frank Collison (Sprug), Nicholas Guest (Skyresh), Vincent Klyn (Hector), Judd Omen (Bürgermeister), Michael Halsey (Cally), Frank Doubleday (Cloy), John Durbin (Fisher), Eugene R. Glazer (Captain Shuller), Merle Kennedy (Maria), Luis Contreras (Jackson), Dyana Ortelli (Mrs. Rodriguez), Albert Pyun [ungenannt] (Mann im Bus) sowie Richard D’Sisto, John Eastman, Christian Guzek, Maria Strova, Samantha Phillips u.a.
Ausgestattet mit der „besten Handfeuerwaffe im Universum“ ist Brick Bardo (ideal besetzt mit Tim Thomerson) so etwas wie der Dirty Harry auf dem Planeten Arturus. Grade eben noch hat im Waschsalon des Vertrauens einen irren Geiselgangster, der mehrere fette Frauen und deren Kinder als Schutzschild genommen hat, auf seine Weise um die Ecke gebracht, nur um sich dafür vom Bürgermeister (Judd Omen, C.H.U.D. II – BUD, THE CHUD) einen ordentlichen Anschiss zu holen und schon wird er von einer fiesen Cherge seines alten Gegenspielers Sprug (Frank Collison, AMAZONEN AUF DEM MOND; A CRACK IN THE FLOOR; VOODOO MOON) gekidnappt. Der besteht nur noch aus seinem Kopf, welcher auf einer mechanischen Frisbeescheibe durch die Kante eiert, nachdem ihm Brick Bardo seine restlichen Körperteile während diverser Kämpfe in alle Einzelteile zerschossen hat. Dasselbe macht er nun mit Sprug’s Handlangern, doch „der Kopf der Bande“ kann bei der wilden Schießerei entkommen. Bei der anschließenden Verfolgungsjagd werden der Cop und der Kopp mit ihren Raumschiffen 10 000 Lichtjahre von Arturus weggeschleudert – und landen auf einem Planeten namens Erde. Dort ist Brick Bardo allerdings so groß wie ’ne Bierflasche…
Kleiner Mann – was nun? Zunächst findet Brick Bardo mitsamt seinem Raumschiff Unterschlupf bei der engagierten Debi, die in der Bronx – vergeblich – für bessere Zustände kämpft. Nachdem er neugierigen Nachbarn und Kids zur Schau gestellt wurde, muss er sich auf seine Qualitäten besinnen und Debi und ihren kleinen Sohn (Humberto Ortiz) vor dem gewalttätigen Ghettogangster Braxton Red (Jackie Earle Haley, STRASSE DER VERDAMMNIS) beschützen. Und dann ist da auch noch Brick’s alter Widersacher Sprug, der eine Bombe im Handgepäck hat…
Solch‘ abgefahrene Geschichten kommen heraus, wenn Koryphäen des B-Films wie Charles Band und Albert Pyun miteinander fusionieren.
Band war der Mann hinter Empire Pictures (u.a. RE-ANIMATOR und FROM BEYOND) und dem Nachfolger Full Moon Entertainment (wo z.B. die PUPPET MASTER-Reihe hervor ging), zwei kultige Produktionsstätten, mit denen er in den 80ern bis in die späten 90er hinein Fans und Kritiker beglückte, während er heute nur noch Dünnpfiff wie EVIL BONG fabriziert. Und auf das Regiekonto des Akira-Kurosawa-Schülers Pyun finden sich neben Klopperstreifen wie KICKBOXER 2 (1991) und KICKBOXER 4 (1993) doll-dreiste Sachen wie sein Debüt TALON IM KAMPF GEGEN DAS UNIVERSUM (1982), RADIOACTIVE DERAMS (1985), CYBORG (1989), DAS ALIEN VOM HIGHWAY (1992) und NEMESIS (1993).
1991 inszenierte Pyun im Rahmen des Werkvertrags mit Band DOLLMAN. Preiswerte Billig-Locations wie alte Fabrikhallen, triste Hinterhöfe und sonstige Schutthalden müssen, ähnlich wie in seinen Endzeit-Schinken (CYBORG; ULTIMATE CHASE), auch hier als Schauplatz herhalten, doch trotz der übertriebenen Darstellung – Gangmitglieder knallen am helllichten Tag einen Laden nieder und werden hinter der nächsten Ecke von einer anderen Bande platt gemacht – bekommt man hier, sozusagen als tristes Zeitbild jenseits des amerikanischen Traums, einen deprimierenden Einblick in die South-Bronx geboten, wo Gewalt und Kriminalität an der Tagesordnung sind und die dazu gehörenden Elemente wie Banden, Kleingangster, Drogendealer, Junkies, Penner und Nutten das sagen haben. Und mittendrin: ein 13 Zoll „großer“, außerirdischer Polizist nebst fliegendem Mini-Kopf, der sich in und außerhalb von Lagerhallen Schießduelle mit Straßengangs liefert. Geschichten, die das Leben schreibt.
Doch irgendwie mussten ja Band und Pyun ihrem Ruf treu bleiben und die schräge Ausgangsidee zugunsten eines herkömmlichen Actionplots mit klamottigen Untertönen versemmeln. Da freut man sich auf eine herrlich absurde Geschichte jenseits des Mainstream und dann verlieren sich die Macher doch in ihm. An die Grenzen des Machbaren stößt Pyun in den zwei, drei Szenen, in denen der Zwerg zusammen mit den Riesen in einer Szene agiert, wobei diese tricktechnischen Einschränkungen dem bei Band üblichen Mini-Budget geschuldet sind. Vielleicht hätte man trotzdem ein paar Dollars oder zumindest etwas Zeit in ein Drehbuch investieren sollen, aber bei einer knapp bemessenen Laufzeit von 72 Minuten (ohne Vorspann) ist wahrscheinlich einfach nicht mehr drin gewesen.
Langeweile kommt trotzdem keine auf und trotz (oder wegen!) diverser Defizite gibt die schießwütige Trash-Sause allemal noch mehr her als die zweite Konspiration von Band & Pyun, die fade Virtual-Reality-Klamotte CYBER WORLD (1993). Dafür sorgen Momente des Grotesken wie der Anblick des fliegenden, brabbelnden Mini-Kopfes und wenige, dafür aber knallige Splatter-Einlagen, in denen Brick Bardo nur einmal die Knarre abzudrücken brauch und Sprugs Handlanger regelrecht zerfetzen lässt. Überhaupt gibt Tim Thomerson (METALSTORM – DIE VERNICHTUNG DES JARED SYN; PROJECT VIPER), wie in seiner Paraderolle als Jack Deth in den TRANCERS-Filmen, als Dirty-Harry-Heino eine launige Vorstellung mitsamt coolem Outfit (fette Wumme, langer Mantel, Sonnenbrille auch bei Nacht) ab, wobei auch Jackie Earle Haley (der 2010 das Erbe von Robert Englund als Freddy Krueger im eher unsäglichen NIGHTMARE ON ELM STREET-Remake antreten durfte) als überdrehter Straßengangster zu gefallen weiß.
In seiner unendlichen Kreativität bastelte Charles Band sich aus diesem Film sein kleines Miniatur-Universum, in dem er wie schon einst die Universal-Studios diverse Figuren in seinen Filmen als Crossover aufeinander treffen ließ. Zur sogenannten „Demonic Dolls“-Pentalogie gesellten sich nach DOLLMAN noch DEMONIC TOYS (1992, Peter Manoogian), COSMO (1992, Ted Nicolaou), TOD IM SPIELZEUGLAND aka DOLLMAN VS. DEMONIC TOYS (1993, Charles Band) und DEMONIC TOYS: PERSONAL DEMONS (2009, William Butler). Letzterer Titel wurde hierzulande noch nicht veröffentlicht.
7/10
- Neben Thomerson tauchen weitere Darsteller aus dem Pyun-Universum auf: Nicholas Guest als Polizeichef auf Arturus und Vincent Klyn als einer der Gangmitglieder
- „Mit winzigen Budget und geringsten Mitteln unterhaltsames Genre-Kino.“ (TIP)