STRASSE DER VERDAMMNIS
USA 1977 / O: “Damnation Alley” / Prod.: Twentierth Century Fox / Laufzeit: 91 Min. (Blu-ray) bzw. 87 Min. (DVD) / FSK: ab 12
Regie: Jack Smight / Musik: Jerry Goldsmith / Kamera: Harry Stradling Jr. / Produzent: Jerome M. Zeitman, Paul Maslansky / Buch: Alan Sharp, Lukas Heller / LV: Roger Zelazny
George Peppard (Denton), Jan-Michael Vincent (Tanner), Dominique Sanda (Janice), Paul Winfield (Keegan), Jackie Earle Haley (Billy), Kip Niven (Perry) sowie Treat Dolan, Mark L. Taylor, Marcia Holley u.a.
„…die Kakerlaken machten mich völlig irre.“ (Co-Produzent Jerome Zeitman)
Leben nach dem Überleben: Eine nukleare Katastrophe hat infolge weltweiter Atombombenangriffe die Erde fast vollkommen zerstört. Schlimmer noch: die zahlreichen Explosionen haben die Erdachse verschoben. Nach einiger Zeit wagt sich ein kleines Grüppchen Überlebender notgedrungen aus einem schützenden Militärbunker, weil eben dieser selbstverschuldet in die Luft gejagt wurde (Zigarette im Bett und so…). Einem Funksignal folgend begibt man sich, quer durch völlig zerstörte, radioaktiv verseuchte Landschaften, auf die Suche nach weiteren Überlebenden…
Für sich genommen passt STRASSE DER VERDAMMNIS gut zu dem von dystopischen Zukunftsvisionen und düsteren Endzeit-Träumereien geprägten Science-fiction-Kino der 70er Jahre. Und ist doch nur eine filmische Randnotiz aus dem Jahre 1977.
1977: das war bekanntlich das Jahr, in dem der KRIEG DER STERNE durch die Kinosäle tobte und in bis dato noch nie gesehene Filmwelten vorpreschte. Dabei war STAR WARS: EPISODE IV – EINE NEUE HOFFNUNG, wie George Lucas diesen Teil seiner Weltraumsaga bekanntlich später umbenannte, ursprünglich nur zweite Wahl gewesen. Eigentlich wollte Twentieth Century Fox mit STRASSE DER VERDAMMNIS, die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Roger Zelazny, kräftig Kasse machen. Doch die Filmhistorie sollte uns etwas anderes lehren….
Während STAR WARS also seinen Siegeszug im Kino antrat, erinnert man sich an STRASSE DER VERDAMMNIS nur noch aus nostalgischen Gründen. Als ich den Film Anfang der 90er Jahre im Privatfernsehen sah, war er eine meiner ersten Genre-Erfahrungen, die einen ja immer irgendwie prägen und an die man sich auch gerne zurück erinnert. Was aber damals, aus der naiven Sicht leicht zu beeindruckender Teenager-Augen, ein spannendes Filmerlebnis mit beklemmender Endzeitstimmung, toller Action und fiesen Monstern war, entpuppt sich heute nur noch als Ernüchterung – verbunden mit der Tatsache, dass die holprige STRASSE DER VERDAMMNIS einfach nur schlecht gealtert ist.
Dabei hat Twentieth Century Fox sich diesen Film was kosten lassen: das Budget von DAMNATION ALLEY betrug stattliche 17 Mio. Dollar, was für damalige Verhältnisse schon eine enorme Summe war. Zum Vergleich: KRIEG DER STERNE kostete „nur“ 11 Mio. Dollar. Wo aber das ganze Geld geblieben ist, lässt sich beim besten Willen nicht sagen. Dem fertigen Film sieht man seinen finanziellen Aufwand jedenfalls nicht an. Stellvertretend für die teilweise billig anmutenden, schlampigen Spezialeffekte seien nur die dilettantisch einkopierten, mutierten Riesenskorpione zu nennen, die zischelnd durch den Wüstensand staksen, und so aussehen, als wären sie einem Bert.-I.-Gordon-Film entflohen. Die Kakerlaken-Invasion, die in einer scheinbar verlassenen Geisterstadt hereinbricht, kommt auch nicht viel besser weg. In den Massenszenen sieht das so aus, als hätte man ein paar Dutzend Kakerlaken-Attrappen auf einen Rollteppich gestöpselt und mittels Schnur über den Boden gezerrt. Gerade diese kuriosen Monster-Szenen zeugen von einer Zweitklassigkeit, die dem ganzen Film anhaftet.
Dabei spielen die Charaktere, die zu Beginn mehr oder weniger vorgestellt werden, im weiterem Verlauf kaum noch eine Rolle. Allen voran die beiden ungleichen Soldaten, die im eingangs erwähnten Militärbunker ihren Dienst schieben und letzten Endes nicht ganz unschuldig am 3. Weltkrieg sind: der junge Heißsporn Lt. Jake Tanner (Jan-Michael Vincent) und der ältere Major Eugene „Sam“ Denton (George Peppard). Die kommen nicht so recht klar miteinander und planen getrennte Wege zu gehen, während Kollege Keegan (Paul Winfield) einfach nur den wohlverdienten Urlaub herbeisehnt.
Der 3. Weltkrieg, der schließlich ausbricht, wird vom Militärbunker aus geschildert und via Wandmonitor verfolgt, wogegen nichts einzuwenden ist, nur eben ist Regisseur Jack Smight nicht in der Lage, die sich anbahnende Katastrophe effektiv in Szene zu setzen. Schon hier sieht STRASSE DER VERDAMMNIS mehr wie ein aufgeblasener TV-Film als großes Kino aus. Das ist routiniert gemacht, aber nicht wirklich packend.
Und so folgt die übliche Aneinanderreihung von abgefeuerten Langstreckenraketen und Atombombenexplosionen, wobei man sich freilich beim großzügigen Archivmaterial bedient. Faszinierend sind die verschiedenen, postapokalyptischen und durchaus stimmungsvollen Farbspielereien, die sich am Himmelszelt erstrecken und die Verschiebung der Erdachse verdeutlichen sollen. Mit dem großen Knall dröhnt dann auch die in Endzeitfilmen allmächtige und unvermeidliche Stimme aus dem Off aus den Lautsprechern:
„Der dritte Weltkrieg hinterließ den Planeten eingehüllt in ein Leichentuch aus radioaktivem Staub unter einem gespenstigen Himmel in einem Wahnsinnsklima.
In Folge ihrer, durch die nukleare Katastrophe verschobenen Achse, wurde die Erde heimgesucht von einer Schreckensherrschaft aus Orkanen und Fluten von beispielsloser Gewalt.
Als diese Epoche abzuklingen begann, regten sich die kümmerlichen Reste des Lebens wieder und versuchten auf gut Glück den Kampf ums Überleben erneut aufzunehmen.
Dies ist die Geschichte einiger dieser Menschen.“
Wie so oft hören sich diese Weltuntergangspredigten hochtrabender an als sie sind (was sie ja so vergnüglich macht), so auch hier, was spätestens dann deutlich wird als Peppard und Vincent gesund und munter aus dem Militärbunker krabbeln, so, als wäre nie etwas geschehen. Schon gar nicht so was lumpiges wie das Ende der Welt. Überhaupt scheint hier nicht sehr viel Zeit vergangen sein, höchstens eine Woche, so mopsfidel und kaum gealtert wie die beiden aussehen.
An dieser Stelle kommt schließlich der Landmaster ins Spiel, dieses auch nach all den Jahren noch beeindruckende Panzer-Vehikel, das mit seinen 12 rotierenden Rädern durch die verwüstete Endzeit-Steppe donnert. Neben drei Miniatur-Modellen, die z.B. im Wasser zum Einsatz kommen, ist der Landmaster, der für insgesamt 300 000 Dollar angefertigt wurde und sich heute im Privatbesitz befindet, ein Unikat, auch wenn im Film zunächst zwei Exemplare zu sehen sind.
Mit dem Landmaster brettert man durch das völlig verwüstete Land Richtung Albany, dahin, wo das Notsignal seinen Urspung hat und man auf weitere Überlebende hofft. Von nun an hangelt man sich an einem sehr, sehr dünnen, roten Faden von einem mehr oder weniger aufregenden Abenteuer ins nächste: Mal wird man von einem Sturm durcheinander gewirbelt, dann wieder in einer westernmäßigen Bruchbude von ein paar verstrahlten Banditen in die Mangel genommen. Bleibt noch der bereits erwähnte Angriff der Kakerlaken, deren Attacken für eine 12er Freigabe recht blutig ausfallen. Einige Figuren scheiden aus dem Film aus, andere stoßen hinzu, wie die einsame Nachtclubsängerin Janice (Dominique Sanda), die in einer Ruine namens Las Vegas ihr Dasein fristet, oder Teenager Billy (der junge Jackie Earle Haley), den man irgendwo im Nirgendwo aufgabelt. Nach einer Sturmflut gegen Ende, bei der der Landmaster nochmal zeigen kann, was er so drauf hat, hastet man einem unbefriedigendem und vorschnellem Happy End entgegen, so als ob die Macher keine Lust mehr auf ihren eigenen Film hatten. Den Zuschauer bringt man aber dabei um ein ordentliches Finale und das schlechte Drehbuch, das die Charaktere schlichtweg im Stich lässt und keinerlei Interesse an ihnen zeigt, wird dem Film zum Verhängnis.
Man kann nachvollziehen, dass Roger Zelazny seinen Namen aus den Credits streichen wollte, da der fertige Film mit seiner Romanvorlage nur noch sehr wenig bis fast gar nichts mehr zu tun hat. Dies wird ganz besonders in der von Jan-Michael Vincent verkörperten Figur des Tanner deutlich: Im Film ist er nur so ein aufgeweckter Jungspund, im Buch aber der bärtige, tätowierte Ex-Anführer der Hells Angels, der im Knast u.a. wegen Mord, Raub und Vergewaltigung einsitzt. Ach ja, Drogendealer und Nazi ist er auch noch und überhaupt das, was man als rücksichtsloses, menschliches Subjekt bezeichnet.
Für sich genommen ist STRASSE DER VERDAMMNIS, vor allem wegen der verschiedenen Schauplatzwechsel, eine kurzweilige Angelegenheit mit Nostalgie-Bonus. Diverse Unzulänglichkeiten und Holprigkeiten können so einen Film ja auch ganz unterhaltsam gestalten. Erwähnen sollte man noch den wieder einmal sehr guten Soundtrack von Jerry Goldsmith. Wer die Endzeitfilme der 70er und 80er mag, wird hier ganz gut unterhalten.
Im Bezug auf die Romanvorlage aber ist STRASSE DER VERDAMMNIS ein Film der verschenkten Möglichkeiten und das liegt in erster Linie an den beiden Drehbuchautoren, die es schlicht vergeigt haben, sei es nun aus Unfähigkeit oder weil ihnen der Mut fehlte. Mag auch sein, dass diese brave, uninspirierte und alles andere als werkgetreue Umsetzung des Romans von Seiten des Studios oder der Produzenten aufgedrängelt wurde. Vielleicht waren auch alle Beteiligten von der Seuche namens „Political Correctness“ befallen. So ein Antiheld wie im Buch beschrieben ist alles andere als politisch korrekt – aber viel reizvoller als so ein junger Bubi, der mit dem Moped durch die Wüste brettert und ein paar lumpige Riesenskorpione ärgert. Es gab so viele unnötige Remakes in letzter Zeit, aber in diesem Fall würde eine Neuverfilmung mal wirklich Sinn machen.
STRASSE DER VERDAMMNIS auf Blu-ray und DVD:
Ein richtig schönes, schmuckes Prachtstück ist das liebevoll gestaltete Digipak, das Subkultur Entertainment, in Kooperation mit Koch Media, am 03.09.2014 veröffentlichte und den Film sowohl auf Blu-ray (91 Min.) als auch auf DVD (87 Min.) enthält.
Zu den Extras zählen hier der Audiokommentar von Co-Produzent Paul Maslansky (leider nicht deutsch untertitelt) und drei Featuretten: In „Survival Run“ (ca. 11 Min.) berichtet Co-Autor Alan Sharp darüber, dass er das von Lukas Heller bereits geschriebene Skript lediglich aufpolierte und in „Road to Hell“ (13 Min.) erzählt Co-Produzent Jerome Zeitman über all die Probleme, die bereits entstehen, bevor so ein Film in Produktion geht, z.b. warum Robert Wise als Regisseur und SFX-Koryphäe Douglas Trumbull absagten. In „Landmaster Tales“ (10 Min.) kommt schließlich noch Dean Jeffries zu Wort, der den beeindruckenden Landmaster kreierte. Dazu gesellen sich noch US-Trailer und TV-Spot. Bis hierhin ist das Bonusmaterial identisch mit der US-Blu-ray von Shout! Factory. Die lieben Leute von Subkultur Entertainment haben aber noch mehr drauf gepackt: nämlich 2 Super-8 Fassungen, einmal in Scope von Piccolo Film (16 Min., wobei man hier noch zusätzlich zwischen Mono und Stereo wählen kann) und einmal in s/w (5 Min.), den deutschen Trailer und eine Bildergalerie. Das Sahnehäubchen ist hier das Booklet mit einem wie immer tadellosen Text von Pelle Felsch, der hier u.a. auf die Endzeitfilme seit den 50er Jahren und vor allem die gravierenden Unterschiede zwischen Roman und Film eingeht. Mit Fug und Recht kann man hier behaupten, das diese Blu-ray die weltweit beste Fassung dieses Films darstellt.
Das Digipak selbst ist auf 1000 Stück limitiert und bei Subkultur inzwischen ausverkauft. Wer sich sein Exemplar sichern will, sollte also schnell zuschlagen. Derzeit ist es noch bei ofdb und Amazon erhältlich (Stand: 20.09.2014)
Alternativ gibt es noch die handelsübliche Single-Blu-ray in der Amaray-Hülle. Diese ist identisch ausgestattet, allerdings ohne Booklet (siehe: ofdb und Amazon).