Regie + Buch: Pat Holden / Musik: Marc Canham / Kamera: Jonathan Harvey / Schnitt: Robert Hall, Gary Scullion / Ausf. Prod.: David Mutch, David Pugh / Prod.: Deepak Nayar
Darsteller: Kate Ashfield (Jenny), Steven Waddington (Len), Tasha Connor (Sally), Craig Parkinson (Brian), Andrea Lowe (Rita), Gary Lewis (Father Clifton), Martin Compston (Mr. Price), Hannah Clifford (Lucy) sowie Graham Hornsby, Darren Lynch u.a.
Yorkshire 1974: Kaum haben die Maynards ihr neues Domizil in einer Reihenhaussiedlung bezogen und schon möchte Sally (Tasha Connor), die 13 jährige Tochter, gleich wieder ausziehen. Vom ersten Tag an gehen seltsame Dinge vor sich: Lampen schaukeln an der Decke hin und her, eine Standuhr stürzt von ganz alleine die Treppe runter und auch sonst hinterlässt dieses Haus einen eher unheilvollen Eindruck. Sallys Eltern Jenny (Kate Ashfield, SHAUN OF THE DEAD) und Len (Steven Waddington) gehen anfangs noch aus, das ihre Tochter diese Dinge manipuliert, weil ihr das neue Heim nicht gefällt, müssen aber bald erkennen, dass die Poltergeist-Attacken ganz reale Ereignisse sind. Die Frage steht im Raum: was tut man am besten dagegen?
„Die neue Dimension des Exorzismus“, so wie es uns der Verleih weismachen will, entpuppt sich als Mogelpackung, steht hier in erster Linie das pure Poltergeist-Gepolter im Vordergrund. Und wie in AMITYVILLE HORRORso muss auch hier im Laufe des Geschehens der Grund für die übernatürlichen Aktivitäten herausgefunden werden, damit die Gefahr gebannt werden kann. Mit Stuart Rosenbergs betagtem Spukhaus-Oldie aus dem Jahre 1979 hat WHEN THE LIGHT WENT OUT das „Beruhend auf wahre Begebenheiten“-Gütesiegel gemeinsam.
Hier nimmt sich der Film der (angeblich wahren) Geschichte vom „Schwarzen Mönch von Pontefract“ an, die in den 60ern in England für Schlagzeilen und Furore sorgte und nie eindeutig geklärt werden konnte. Regisseur und Drehbuchautor Pat Holden hat sogar persönliche Verbindungen zu diesem Vorfall, da Sally’s Mutter im wahren Leben (unter anderem Namen) seine Tante ist. Bessere Werbung kann man für seinen eigenen Film nicht machen; dem Poltergeist sei Dank.
WHEN THE LIGHTS WENT OUT bietet dem Zuschauer eine klassische Haunted-House-Geschichte mit den üblichen Verwicklungen: Nichts neues an der Spukhaus-Front, aber insgesamt durchaus kurzweilig und einigermaßen spannend. Die vom Verleih versprochene „Neue Dimension des Exorzismus“ offenbart sich in einer einzigen Szene (amüsant: Gary Lewis als Exorzist wider Willen), die eher parodistische Züge aufweist. Überhaupt gibt es über die Laufzeit verstreut die eine oder andere humoristische Auflockerung.
Die Spezialeffekte funktionieren eher im einfachen Rahmen, kommen aber vor allem während diverser Poltergeist-Aktivitäten wirkungsvoll zum Zuge, nur zum Schluss sahen sich die Macher genötigt die Geschichte mit einem lautem „Kawumm!“ enden zu lassen und so rappelt es im eher durchwachsenen CGI-Finale gehörig in der Computer-Trickkiste.
Viel überzeugender gestaltet sich hier aber die Zeitreise zurück in die englische Provinz der 70er Jahre: Ausstattung und Set-Design spiegeln wunderbar die einfachen Lebensverhältnisse dieser Epoche wieder. Ob nun die Musik und die Boliden aus jener Zeit, der obligatorische Besuch im Pub, dazu typische Einrichtungs-Eigenarten wie Einbauküchen, gewagte, fast schon psychedelische Tapetenmuster, großkalibrige Lampenschirme sowie Pilzkopf-Frisurhauben, Schlaghosen und andere modische Randerscheinungen, die zwischenzeitlich mal wieder „in“ waren: hier hat man sich auch bei kleineren Details ganz viel Mühe gegeben. Von der Farbgebung her ist der Film auch so ausgeleuchtet, dass man fast das Gefühl hat, der Film wäre tatsächlich in den 70ern gedreht worden. In dieser Hinsicht geriet Pat Holdens insgesamt 4. Regiearbeit (sein Kurzfilm-Debüt von 2002 mit eingerechnet) also durchaus stimmig, authentisch und handwerklich einwandfrei.
Inhaltlich holpert es allerdings gehörig, fast so, als hätte auch im Drehbuch ein Poltergeist sein Unwesen getrieben. Wann immer Töchterchen Sally, von Newcomerin Tasha Connor überzeugend als mürrisches, vor sich hin pubertierendes und alles andere als hübsches Mädel verkörpert, ihren Unmut über ihr neues Heim zum Ausdruck bringt oder einfach jemand zum „Frust abbauen“ herhalten muss – schwupps, gibt’s von den Ellis eine schallende Ohrfeige verpasst. Das macht ihre Hersteller im nachhinein nicht unbedingt sympathisch, aber vielleicht, mag sich der eine oder andere denken, haben 13jährige Zicken manchmal nichts anderes verdient.
Unverständlich auch, warum die Maynards trotz der teils unheimlichen Ereignisse so beharrlich daran festhalten, in ihrem „Traumhaus“ weiter zu wohnen, anstatt die Flucht aus dieser Grusel-Bruchbude anzutreten. Vielleicht rächt sich hier, dass die Poltergeist-Aktivitäten schon recht früh einsetzen und der Film bei einer Flucht der Familie schon nach einer halben Stunde vorbei wäre. Obwohl ein Umzug kurzzeitig in Betracht gezogen wird: Eine wirklich überzeugende Erklärung für ihr Bleiben gibt es nicht, auch dann nicht, als ein blutender Geist beim morgendlichem Aufwachen mit im Bett liegt. Gut, irgendwann gewöhnt man sich auch daran und vielleicht kann man sich ja mit dem Poltergeist darauf arrangieren, wie in einer WG gemeinsam unter einem Dach zu hausen. Nebenbei bemerkt sind hier sogar 2 Geister am Werke: ein Guter und ein Böser, was im Laufe des Film auch noch eine Rolle spielt – aber nicht näher beleuchtet wird.
Bedauerlich, dass Regisseur und Autor Pat Holden sowohl seine Figuren als auch seine Geschichte insgesamt etwas stiefmütterlich behandelt. Es ist schade, dass hier einige gute Ansätze im Drehbuch-Nirvarna verpuffen, wie etwa die Hintergrundgeschichte, die um den Geist herum aufgebaut und vorbereitet, aber dann doch nicht weiter verfolgt wird.
Relativ enttäuschend entwickelt sich auch die Beziehung zwischen Sally und Lucy, die gleichaltrige, einzelgängerische Nachbarstochter, die, rein dramaturgisch gesehen, ins Leere verläuft, so als ob Holden keine Lust mehr auf diese Nebenhandlung hat. Da wird Sally von Lucys Mutter dazu genötigt, ihre etwas merkwürdige Tochter auf keinen Fall in das Spukhaus zu lassen und immer wieder unterschwellig angedeutet, dass es eine böse Verbindung zwischen dem Mädchen und den geisterhaften Ereignissen geben könnte, doch als es dann zu einem eher halbherzigem Schreckmoment kommt, verschwindet Lucy auf Nimmerwiedersehen aus der Handlung. Hier offenbart der Film deutliche Defizite.
So kann Holdens Haunted-House-Horror den Vergleich mit dem Tobe-Hooper-Klassiker POLTERGEIST (1982) kaum stand halten: punkten kann der Film in erster Linie mit der überzeugenden schauspielerischen Leistung seiner jungen Hauptdarstellerin und der detailgetreuen Rekonstruktion des britischen Kleinstadtlebens in den 70ern. Es gibt ein paar ganz nette Poltergeist-Momente, aber insgesamt betracht fehlt es dem Film an Raffinesse. Das einige Handlungsstränge zwar angerissen, aber nicht weiter gesponnen werden, ist einer der größten Mankos dieses Spukhausfilms, der unterm Strich ganz passable Genre-Unterhaltung bietet – mehr aber auch nicht.
Bei der mir hier vorliegenden Blu-ray von Ascot Elite gibt es vom technischen Standpunkt her nichts auszusetzen. Nur die Extras fallen sehr, sehr dürftig aus: außer dem Originaltrailer und ein paar Minuten an „Behind the Scenes“-Material gibt es hier nichts weiter zu entdecken. Ein paar Hintergrundinfos und Interviews zum Film wären sicher kein Ding der Unmöglichkeit gewesen.
- siehe auch auf ofdb: When-the-Lights-Went-Out
6/10