Regie + Buch: Victor Salva / Musik: Bennet Salvay / Kamera: Don E. Fauntleroy / Schnitt: Ed Marx / Ausf. Prod.: Zev Foreman, Benjamin F. Sacks, Bryan Sexton / Prod.: Victor Salva, Don E. Fauntleroy, Nadine De Barros, Phillip B. Goldfine
Darsteller: Rose McGowan (Sonny Blake), Daniel Ross Owens (Derek Barber / Paperboy), Ray Wise (Detective Briggs), Lauren Vélez (Paula Crenshaw), Sonny Marinelli (Barret Turner), Tom Tarantini (Detective Sabatino), Lesley Anne-Down (Dr. Talbot), Rance Howard (Fred Crumb), Lin Shaye (Mrs. Hawthorne), Bill Fagerbakke (Hank Hawthorne), Steve Tom (Glenn Forrester) sowie Ashton Moio, Judson Mills, Christopher Gehrman, Deanna Lynn Walsh u.a.
Ein scheinbar dämonischer Zeitungsjunge als Inbegriff des Bösen – den versucht uns hier Regisseur und Autor Victor Salva (JEEPERS CREEPERS I + II) unterzujubeln. Vier Jahre lang soll sein Skript zu ROSEWOOD LANE in einer dieser Schubladen gesteckt haben, bis sich schließlich ein paar Geldgeber erbarmt haben und Grünes Licht für die Verfilmung gaben. Und das war keine gute Entscheidung.
Denn die dürftige und hanebüchene Geschichte der Radiopsychologin Sonny Blake (Rose McGowan), die in das verlassene Haus ihres kürzlich verstorbenen, alkoholkranken Vaters zieht und fortan von einem bubihaften Paperboy-Psycho terrorisiert wird, hat in dieser Form und in dieser beliebigen, auf Hochglanz polierten Umsetzung nur das Zeug zu einem platten Home-Invasions-Thriller, der zusehends unter seinem miesen Drehbuch leidet. Salva möchte die Zuschauer erschrecken, doch erschreckend sind hier nur die Banalität und die Lächerlichkeit des Dargebotenen.
Eine mysteriöse Augenkrankheit dient hier als Erklärung dafür, dass der irre Zeitungsfritze pechschwarze Pupillen besitzt, die er bei Bedarf auch mal komplett wegdrehen kann und ihm in Verbindung mit seinem dämlichen Grinsen eine diabolische Aura verleihen soll. Fortlaufend sieht man Großaufnahmen, wie er durch Türritzen und Zaunslöcher glotzt, was im weiterem Verlauf derart auf die Spitze getrieben wird, dass es der Zuschauer ist, der schon bald die Augen verdreht. Angesichts Grusel-Schockmomenten wie diesen: da veranstaltet unsere leidgeplagte Radio-Domiane mit ihren Freunden im Garten eine Grillparty und wieder illert der Zeitungsjunge des Grauens durch den Lattenzaun, was ihr oller Macker (doof: Sonny Marinelli), von Beruf Staatsanwalt, erwidert – und prompt angepinkelt wird. Das passiert hier tatsächlich. Wer hier noch gepflegte, packende Horrorunterhaltung erwartet, der ist wirklich angepisst.
Dafür gibt es jede Menge Gelächter, etwa wenn der aufdringliche Paperboy von ein paar bellenden Zeckenteppichen in die Flucht geschlagen wird, wohl wissend, dass jeder kläffende Köter der natürliche Feind des Postboten ist. Und weil Victor Salva das auch so komisch fand, gibt es diesen erhabenen Moment gleich zwei Mal. Und die volle Dosis an puren Horror: Der böse, böse Zeitungsjunge dringt ins Haus der Radio-Uschi ein und stellt die Figürchen auf dem Küchenfensterbrett um! Wahnsinn! So stellt sich Lieschen Müller den „subtilen Horror“ vor. Ja und dann springt er über Häuserdächer und durch Baumwipfel und es werden ihm übersinnliche Fähigkeiten angedichtet, weil er an mehreren Orten gleichzeitig erscheint und dann wieder ganz verschwindet. Letzteres hätte ich mir schon nach den ersten fünf Minuten gewünscht.
ROSEWOOD LANE leidet unter einem erheblichen Glaubwürdigkeitsproblem, denn es will nicht so recht einleuchten, dass sich ein ganzes Viertel Jahre lang von einem Teenie-Terror-Zeitungsboy, im Prinzip nur so ein Rotzer, dem mal eine schallende Ohrfeige gut getan hätte, terrorisieren und einschüchtern lässt. Victor Salva ist jedoch ganz angetan von ihm sein und liefert die volle Salve an Thriller-Banalitäten inklusive einer total „überraschenden“ Auflösung, die zwar die (vermeintlich) übersinnlichen Fähigkeiten erklärt, aber im Rückblick einfach keinen Sinn ergibt, weil irgend jemand von den Nachbarn und ermittelnden Polizisten schon früher hätte drauf kommen müssen.
Was aber kein Wunder ist, denn Salva stellt seinem nervigen Bösewicht ein absolut dämliches und irrational handelndes Fachpersonal entgegen. Allen voran Sonnys nerviger, großmäuliger Macker, der ein paar unschöne Begegnungen mit dem Zeitungsteufel hat (Pinkelszene! Gipsbein!) und im letzten Drittel auf Nimmerwiedersehen im Drehbuch-Nirvana verschwindet, und zwei reichlich hilflose, inkompetente Polizisten, bei denen man sich fragt, wie sie die Polizeischule absolviert haben.
Klar, dass bei dieser lieblosen Aneinanderreihung von klischeehaften Versatzstücken, beliebigen Schockeffekten und unsinnigen Handlungen das vielversprechende Nebendarstellerensemble komplett verschenkt wird. Ray Wise (DAS DING AUS DEM SUMPF; INFESTATION) als gleichgültiger Detective, Rance Howard (GRIZZLY PARK; A CRACK IN THE FLOOR; THE TOOLBOX MURDERS) als eingeschüchterter Nachbar, Lin Shaye (ASYLUM; SNAKES ON A PLANE) als zierliche Mutter und Lesley-Anne Down (INSPEKTOR CLOUSEAU – DER BESTE MANN BEI INTERPOL; FACKELN IM STURM) als befreundete Psychologie-Trulla stehen hier auf verlorenem Posten. Hauptdarstellerin Rose McGowan verschanzt sich hinter ihren Schlauchbootlippen und verbirgt ihre Mimik gekonnt unter einer starren, unbeweglichen Maske – das einzige Talent, was man ihr nicht absprechen kann. Und Daniel Ross Owens, Jahrgang 1983, ist ganz offensichtlich zu alt, um hier als 17jähriger durchzugehen.
Victor Salva hat mit seinen beiden JEEPERS CREEPERS-Filmen bewiesen, dass er es eigentlich besser kann. Seine gelackte, biedere Hochglanzinszenierung, die jegliches Feingefühl für Suspense und Atmosphäre vermissen lässt, präsentiert Fahrradspeichen und Straßenschilder in Großaufnahme sowie einige dürftige Schockeffekte, die hier im wahrsten Sinne des Wortes der pure Horror sind – rein filmisch gesehen. Für die Beliebigkeit und Berechenbarkeit, aber auch für die Dämlichkeit der schrecklichen Schreckeffekte steht hier insbesondere jene unsinnige Szene, in der Sonnys ständig lallende Freundin (Lauren Vélez aus DEXTER) mühsam versucht deren sture Katze durch die Katzenklappe zu zerren. Warum auch ganz normal die Tür benutzen, wenn man stattdessen minutenlang auf dem Boden krauchend blindlings durch die Klappe tatschen kann und dabei – dazu brauch‘ es auch keine Spoilerwarnung – eben nicht die Katze erwischt.
Keine Ahnung, welche Türen Salva alles so vor den Nischel bekommen hat, als er dieses Ding von einem Drehbuch schrieb. In einem Hang zum Größenwahn bezeichnete er eben diese Szene mit der Katzenklappe als ähnlich spektakulär wie die legendäre Duschszene in PSYCHO, zudem wähnt er sein Machwerk in einer Liga mit John Carpenters Klassiker HALLOWEEN. Schenkelklopfer! Bei so einer maßlosen Selbstüberschätzung und dem, was Salva hier als Autor und Regisseur fabriziert hat, fragt man sich, ob er überhaupt in der Lage ist die Katzenklappe von einer Filmklappe zu unterscheiden. ROSEWOOD LANE ist einfach nur unoriginell, berechenbar, klischeehaft und irgendwie blöd. Wenn auf der Grillparty zu Beginn eine Armbrust herumgereicht wird, kann man sich sicher sein, das sie früher oder später entsprechend eingesetzt wird, was der arme Ray Wise schmerzhaft zu spüren bekommt. Rose in der Rosewood Lane rennt dagegen selbst mit einem Armbrustbolzen unbekümmert weiter, als wäre nichts geschehen. Dafür kann sich der Zuschauer aus dem Reim „Hickory Dickory Dock“, den der durchgeknallte Paperboy bis zum Erbrechen wiederholt, keinen Reim machen, weil er keinerlei inhaltlichen Bezüge und Zusammenhänge zur Story hat, was Salva aber nicht die Bohne interessiert hat. Hauptsache der Täter plappert irgendeinen dummen Spruch.
Bei solchen inhaltlichen Holprigkeiten und logischen Widersprüchen würde jeder Skript-Azubi aus dem Anfängerkurs für angehende Drehbuchautoren achtkantig rausfliegen. Es wäre wirklich besser gewesen, man hätte diese Schwarte von einem Drehbuch in der Schublade des Vergessens vermodern lassen. Das ziellose Blättern im Riesaer Wochenblatt ist aufregender als diese dumme, fade Thriller-Posse.
- ROSEWOOD LANE wurde am 18.10.2012 von Studiocanal auf Blu-ray und DVD veröffentlicht
3/10