VERHÄNGNISVOLLE FRACHT
USA 1966 / O: "The Navy vs. the Night Monster" / AT: "The Night Crawlers" / Prod.: Standard Club of California Productions / Laufzeit: 81 Min. / FSK: --
Regie: Michael A. Hoey, ungenannt: Arthur C. Pierce, Jon Hall / Kamera: Stanley Cortez / Schnitt: George White / Ausf. Prod.: Jack Broder / Prod.: George Edwards, Roger Corman [ungenannt] / Buch: Michael A. Hoey, Arthur C. Pierce [ungenannt] / LV: Murray Leinster, "The Monster from Earth's End"
Anthony Eisley (Lt. Charles Brown), Mamie Van Doren (Nora Hall), Bill Gray (Fred Twining), Bobby Van (Ens. Rutherford Chandler), Pamela Mason (Marie), Walter Sande (Dr. Arthur Beecham), Edward Faulkner (Bob Spaulding), Russ Bender (Chief Warr. Off. McBride), Phillip Terry (Doktor), Kaye Elhardt (Diane), Taggart Casey (Holly Hollister), Biff Elliott (Cmdr. Arthur Simpson) sowie Mike Brandon, Mike Sargent, Del West, William Meigs, Garrett Myles, Paul Rhone u.a.
Verhängnisvolle Fracht, verhängnisvoller Film. Und die Frage: was wird hier wem zum Verhängnis? Den Protagonisten die Fracht oder dem Zuschauer der Film? Die allmächtige Stimme aus dem Off scheint – zunächst – auch keine große Aufklärung zu sein und schwadroniert im vorliegendem Fall über die Antarktis, „einem Kontinent, so geheimnisvoll und unbekannt wie ein Planet unseres Sonnensystems oder einer Sternenwelt im Kosmos, Millionen Lichtjahre entfernt.“ Aha. Welche Jahrhunderte eingefrorene, unter einer dicken Eisdecke begrabenen Geheimnisse haben übereifrige Forscher wohl diesmal zutage gefördert?
Zunächst einmal: Pinguine und Pflanzenproben. Wie der deutsche Titel suggeriert: eine wirklich VERHÄNGNISVOLLE FRACHT… Und genau diese soll zu Forschungszwecken in einer auf einer beschaulichen Südseeinsel liegenden US-Marinebasis gebracht werden. Doch kurz vor dem Ziel stürzt das kleine Flugzeug ab. Von der Besatzung fehlt jede Spur und der einzige Überlebende, der Pilot, steht unter Schock. Auf dem Navy-Stützpunkt kann man sich die Ereignisse nicht erklären, zumal kurz darauf die armen Pinguine, danach die ersten Menschen spurlos verschwinden. Des Rätsels schreckliche Lösung: die vermeintlichen Pflanzenproben entpuppen sich als Monsterbäume mit mächtig viel Appetit…
„Schwer sich vorzustellen: Fleischfressende Bäume – und laufen mit den Wurzeln.“
Die etwas langatmige, trantütelige Verfilmung des Romans „Monsters from the Earth’s End“ von Murray Leinster will und will einfach nicht in die Gänge kommen. Wo es hier doch um den Angriff fleischfressender Monsterpflanzen bzw. -bäume geht, gab es gerade in den 60ern mindestens 3 Vertreter, die im Gegensatz zu diesem hölzernem Genregewächs so richtig aufblühten: da wären der kleine, feine Briten-Grusler BLUMEN DES SCHRECKENS (GB 1962, Steve Sekely und Freddie Francis), der mit einer beklemmenden Atmosphäre punkten konnte, der unterhaltsame Euro-Trash-Knaller DAS GEHEIMNIS DER TODESINSEL (1967, Mel Welles), in dem Cameron Mitchell ein besonders exotisches und zugleich blutgieriges Prachtexemplar von Monsterbaum heranzüchtete, und natürlich der Roger-Corman-Klassiker KLEINER LADEN VOLLER SCHRECKEN (1960). Der schwunglos inszenierte THE NAVY VS. THE NIGHT MONSTERS bleibt dagegen wie angewurzelt stehen und kommt nicht so recht von der Stelle. Hier steht B-Movie im Sinne von: bieder, behäbig und betulich. So richtig will und will in dieser Studiokulissenwelt einfach keine Gruselatmosphäre aufkommen.
Zum Verhängnis wird der verkrampft bemühte, humoristische Grundton, mit dem das Alltagsleben auf dieser abgelegenen Militärbasis geschildert werden soll: da werden Party-Frivolitäten vom vorangegangenen Abend ausgetauscht und da soll das ach so süße Hündchen auf Kommando gefälligst Kunststückchen vorführen. Wie reizvoll. Hinzu kommen noch die Rivalitäten zwischen dem geschniegelten und gestriegelten Army-Helden Chuck Brown (Anthony Eisley) und dem aufdringlichen Wettermann Spaulding (Edward Faulkner), die um die Gunst von Krankenschwester-Schnuckelchen Nora (das damalige Sexsymbol Mamie Van Doren) buhlen. Wo Männer noch Männer sind. So richtig will der Film dabei nicht voran kommen; es fehlt ihm entschieden an Tempo und gerade zu Beginn werden zu viele unwichtige Nebenfiguren und -handlungen, die im weiteren Verlauf kaum noch eine Rolle spielen sollen, eingeführt.
VERHÄNGNISVOLLE FRACHT war denn auch die einzige Spielfilm-Arbeit von Michael A. Hoey, der danach noch in einigen TV-Serien Regie führen sollte und sich im Filmgeschäft als Produzent, Cutter und Drehbuchautor so übers Wasser hielt. Sicherlich hatte sich Hoey seinen ersten (und einzigen) Film auch anders vorgestellt, zumindest aber die Umstände. Aufgrund kreativer Differenzen zwischen ihm und Produzent Jack Broder sollte der umtriebige Arthur C. Pierce (der u.a. DAS STEINZEITSYNDROM aka WOMEN OF THE PREHISTORIC PLANET, 1966, zu verantworten hat und als Co-Regisseur beim herrlichen SF-Schundi SS X7 – PANIK IM ALL, 1965, zum Einsatz kam) den Karren aus dem Dreck ziehen, zudem wurde noch Jon Hall (THE BEACH GILRS AND THE MONSTER, 1965) ins Boot geholt, der zum Schluss die (lächerlichen) Szenen, in denen sich die heimtückischen Pflanzenmonster offenbaren, inszenierte. Gleich drei Regisseure hat dieses lahme Monsterfilmchen also verschlissen.
Boden gut machen kann VERHÄNGNISVOLLE FRACHT im letzten Drittel, wo der einzige, unvermittelt herein brechende Schockeffekt im Sog der Banalitäten umso mehr wirkt, nämlich wenn einem armen Leichtmatrosen von einem der Monsterbäume der Arm heraus gerissen wird und dieser für ein paar Sekunden im tödlichen Pflanzengestrüpp baumelt. Mit den ulkigen Auftritten der allesfressenden Monsterbäume, die wie wandelnde Litfaßsäulen umher schwanken, kann dieses seichte Gruselgewusel zumindest in den letzten 20 Minuten mit naivem Trash-Charme aufwarten. Für das Jahr 1966 wirkt das hier alles ziemlich rückständig, wie 10 Jahre vorher entstanden – nur halt in Farbe (und trotzdem farblos). Es wird schon seine Gründe haben, warum diesem eher unbekanntem Monsterstreifen im Gegensatz zu anderen Werken aus diesem Genre der Kultstatus verwehrt blieb.
Ansonsten finden sich auch hier diverse Aufnahmen aus dem Militär-Archiv. Es hat den Anschein, als wurde der Rest der Geschichte um diese Archivaufnahmen drumherum inszeniert und, aufgrund des billiges Charakters, aus der Portokasse finanziert. Und so konnte man sich auch hier nicht entblöden, mal wieder ein Hohelied auf die US-Army zu singen, was im „feurigen“ Finale, nachdem die militärischen Abwehrmaßnahmen von Erfolg gekrönt sind, als „ein Meilenstein im Fortschritt wissenschaftlicher Forschung“ gefeiert wird. Dabei hat man gerade mittels Napalm-Bomben eine ganze Insel in Schutt und Asche gelegt. Um das zu unterstreichen, ziehen in der Schlußeinstellung 4 Düsenjäger majestätisch am Himmelszeit entlang. Yeah!
- Anthony Eisley spielte zwischen 1959 und 1963 in HAWAIIAN EYE mit, absolvierte Gastauftritte in unzähligen TV-Serien (darunter PERRY MASON; INVASION VON DER VEGA; CANNON; IN DEN STRASSEN VON SAN FRANCISCO etc.) und war in diversen B-Movies zu sehen, darunter Roger Cormans DIE WESPENFRAU (1959), GEMINI 13 – TODESSTRAHLEN AUF KAP CANAVERAL (1966), REISE INS ZENTRUM DER ZEIT (1967), THE MUMMY AND THE CURSE OF THE JAKALS (1969, mit John Carradine), THE MIGHTY GORGA (1969), DRACULAS BLUTHOCHZEIT MIT FRANKENSTEIN (1971), THE DOLL SQUAD (1973) von Ted V. Mikels, DEEP SPACE (1988) von Fred Olen Ray und EVIL SPIRITS (1990)
- „Hoey inszeniert phantasievoll, wobei ihm Cortez‘ einfallsreiche Kameraarbeit sehr zustatten kommt.“ (DIE SCIENCE FICTION FILM ENZYKLOPÄDIE)
- „Billiger Science-Fiction-Film voll unfreiwilliger Komik.“ (LEXIKON DES INTERNATIONALEN FILMS)