ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN
USA 2014 / O: "Deliver Us From Evil" / Prod.: Screen Gems, Jerry Bruckheimer Films, LSTAR Capital / Laufzeit: 118 Min. (Blu-ray) / FSK: ab 16 (ungekürzt)
Deutscher Kinostart: Sony Pictures, 04.09.2014
Regie: Scott Derrickson / Musik: Christopher Young / Kamera: Scott Kevan / Schnitt: Jason Hellman / Ausf. Prod.: Paul Harris Boardman, Glenn S. Gainor, Chad Oman, Mike Stenson, Ben Waisbren / Prod.: Jerry Burckheimer / Drehbuch: Scott Derrickson, Paul Harris Boardman / LV: "Beware the Night" von Ralph Sarchie und Lisa Collier Cool
Eric Bana (Sarchie), Édgar Ramirez (Mendoza), Olivia Munn (Jen), Joel McHale (Butler), Sean Harris (Santiago), Chris Coy (Jimmy), Dorian Missick (Gordon), Mike Houston (Nadler), Lulu Wilson (Christina), Olivia Horton (Jane) sowie Scott Johnsen, Daniel Sauli, Antoinette LaVecchia, Aidan Gemme, Jenna Gavigan, Ben Livingston u.a.
Dämonen, Besessenheit, Exorzismus, geisterhafte Erscheinungen: das sind Zutaten, mit denen der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Scott Derrickson in seinen letzten Horrorfilmen DER EXORZISMUS VON EMILY ROSE (2005) und SINISTER (2012) Erfolge feiern konnte. Überhaupt kommen diese Themen derzeit im Genre gut an, was Filme wie DER LETZTE EXORZISMUS, THE CONJURING, INSIDIOUS I & II etc. beweisen. Nur bei Derrickson ist die Rechnung in ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN nicht aufgegangen:
Eric Bana spielt hier den New Yorker Polizisten Ralph Sarchie, der den „Radar“ hat – oder eben den richtigen Riecher: Wenn irgendwo in seiner Stadt etwas außergewöhnliches Ungewöhnliches passiert, dann sind er und sein Partner (Joel McHale) zur Stelle. Und es wird gar schreckliches passieren; lauter furchtbare, zunächst unerklärliche Dinge: ein ausgeklinkter Irak-Veteran, der seine Freundin schlägt, eine geistig verwirrte Mutter, die in Trance ihr Baby ins Löwengehege wirft, ein Haus, in dem unerklärliche Dinge vor sich gehen. Auf den ersten Blick haben diese seltsamen Vorkommnisse nichts miteinander gemein, doch Sarchie, dieser abgebrühte, mit allen Wassern gewaschene Cop, muss sich eines besseren belehren lassen: Dämonische Mächte haben sich in New York breitgemacht. Helfen kann ihm hierbei nur ein Exorzist – und der ist in Gestalt des hippen, unkonventionellen Father Mendoza (Édgar Ramirez) zur Stelle, wenn es darum geht, ein paar garstige Dämonen auszutreiben. Doch ehe das geschieht, muss Ralph Sarchie erstmal „glauben“ lernen…
ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN drängelt sich mit seinem allseits beliebten „Beruhend auf wahren Tatsachen“-Gütesiegel förmlich beim Zuschauer auf. Ausgangsbasis hier ist das Buch „Beware the Night“ des echten New Yorker Ex-Cops Ralph Sarchie. Jerry Bruckheimer hat sich dazu die Rechte bereits 2003 gesichert. Aus diesem sogenannten Tatsachenbericht, in dem es lose von unruhig umher wandelnden Geistern, von Dämonen besessenen Menschen und diversen unerklärlichen Vorfällen wimmelt, haben nun Scott Derrickson und sein langjähriger Co-Autor Paul Harris Boardman eine mehr oder weniger geradlinige Geschichte zusammen gezimmert.
Doch was in SINISTER dank einer spannenden Geschichte mit gezielt gesetzten Schocks und Twists bis hin zum bösen Ende so prima funktionierte, verkommt in DELIVER US FROM EVIL zu einem konzept- und substanzlosen Horrorgebräu, das hinten und vorne nicht aufgeht. Mehr als eine krude, halbgare und teilweise auch unfreiwillig komische Mixtur aus Friedkins DER EXORZIST und Finchers SIEBEN ist diesmal nicht heraus gekommen.
Dabei sind Exorzistenfilme, in denen vertraute und liebgewonnene Menschen zu entgleiten drohen und nur noch der Teufelsaustreiber helfen kann, im Horrorkino in fast all ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen immer eine sichere Bank gewesen. Derrickson veranstaltet aber nur ein lärmendes, polterndes Kasperletheater. Und sein Film findet einfach nur statt.
Bis zum Krachbumm-Finale, in dem fröhlich vor sich hinexorziert wird, klatscht er unmotiviert diverse Geisterbahn-Schocks aneinander, in denen die üblichen Gruselgrimassen und Horrorfratzen vorbeihuschen. Dazu flackert das Licht, die Musik dröhnt bemüht unheilvoll auf (Christopher Young war auch schon mal besser) und selbst in den ruhigen Szenen ist die Kamera permanent am wackeln. Vom Sofa aus möchte man Kameramann Scott Kevan (CABIN FEVER; DARKEST HOUR) zurufen: „Mensch, bleib‘ doch mal ruhig! Oder besorg‘ dir mal ein Stativ.“
Auf 2 Stunden verteilt ist diese Grusel-Chose in dieser Form eher ermüdend. Inhaltlich macht dieses Ding nicht viel her und auch sonst hat sich Derrickson zu sehr auf seine inszenatorische Routine verlassen. Vielmehr ist er hier von allen guten Geistern verlassen. Da will er auf biegen und brechen eine gruslige Horroratmosphäre kreieren, in dem er aber sein Dämonen-Tralala mit einer Dauerregen-Kulisse im wahrsten Sinne des Wortes verwässert. Dafür gehen dann andere Sachen flöten. Das der Film z.B. in der Bronx spielt, merkt man ihm kaum an. Zu menschenleer und seelenlos wirkt dort das Geschehen.
Auch aus dem Unheil ankündigenden Irak-Prolog kann der Film kein Kapital schlagen: Während Eric Bana (der sich immerhin wacker schlägt) am ermitteln ist und die diversen Vorkommnisse zu verbinden versucht, ist der Zuschauer hier schon weiter. Doch nix da mit Suspense. Nur die Frage: Von was oder wem waren eigentlich Derrickson & Boardman beim Drehbuch schreiben besessen? Hinzu kommen nämlich noch ein banales Familiendrama und zum Schluss eine uninteressante Entführungsgeschichte, die einem völlig am Arsch vorbei geht – aufgesetztes, anbiederndes Happy End inklusive. Gähn.
Der mehr oder weniger originellste Einfall ist noch der, dass das Grauen fast jedes Mal durch diverse Songs von The Doors angekündigt bzw. untermalt wird. Womit man aber Jim Morrison & Co. kaum gerecht wird, wenn ihre zeitlos-schöne Musik als Kanonenfutter in einem mittelmäßigen Horrorfilm verheizt wird. Im Angesicht des filmischen Grauen bleibt da nur ein Flehen: Erlöse uns von dem Blöden.
Eric Bana und Sean Harris