CARRIERS
USA 2009 / O: "Carriers" / Prod.: Paramount Vantage; Likely Story, This Is That / Laufzeit: 82 Min. (uncut) / FSK: ab 16
Regie + Buch: Àlex & David Pastor / Musik: Peter Nashel / Kamera: Benoît Debie / Schnitt: Craig McKay / Prod.: Ray Angelic, Anthony Bregman, Robert Velo
Chris Pine (Brian), Lou Taylor Pucci (Danny), Piper Perabo (Bobby), Emily VanCamp (Kate), Christopher Meloni (Frank), Mark Moses (Doktor), Kiernan Shipka (Jodie) sowie Ron McClary, Josh Berry, Tim Janis, Dale Malley, Dylan Kenin, LeAnne Lynch u.a.
„Regel Nummer 1: Jeden Kontakt mit Infizierten meiden. Ihr Atem ist ansteckend.
Regel Nummer 2: Alles desinfizieren was sie in den letzten 24 Stunden berührt haben.
Regel Nummer 3: Die Kranken sind dem Tod geweiht. Sie können nicht mehr gerettet werden. Wer gegen die Regeln verstößt stirbt. Wer sie befolgt überlebt. Vielleicht.“
Drei Regeln, die die beiden Brüder Danny (Lou Taylor Pucci) und Brian (Chris Pine) für sich selbst aufgestellt haben. Zum reinen Selbstschutz. Ein Virus ist ausgebrochen und hat die Menschheit zu einem großen Teil ausgelöscht. Das öffentliche Leben ist zusammen gebrochen, Nahrungsmittel und Benzin neigen sich dem Ende zu. Bewaffnet mit Mundschutz und Desinfektionsmittel fährt das ungleiche Brüderpaar zusammen mit Brians Freundin Bobby (Piper Perabo, COYOT EUGLY; THE CAVE) und Dannys Mitschülerin Kate (Emily VanCamp, THE RING 2) über leergefegte Straßen, wo sie auf Infizierte und Überlebende treffen. Das Ziel der vier jungen Leute: der Golf von Mexiko, für Danny und Brian der Strand ihrer Kindheit. Dort hoffen sie, einen Zufluchtsort zu finden, abgeriegelt und abgeschottet von dieser Viurs-Welt…
CARRIERS handelt von zwei Brüdern und wurde von zwei Brüdern geschrieben und inszeniert: Die beiden Spanier Àlex & David Pastor gaben mit diesem packenden Pandemie-Thriller ihr Filmdebüt, nachdem sie zuvor zwei Kurzfilme realisierten.
In CARRIERS spielen die beiden Pastor-Brüder mit der Erwartungshaltung des Zuschauers: Zu Beginn sieht man vier fröhliche, junge Menschen mit dem Auto über die Landstraße brausen, obendrauf zwei Surfbretter, die darauf schließen lassen, dass es hier in den Urlaub geht. Die Ausgangssituation für so viele Teenie-Slasher. Falsch gedacht. Schon bald wird deutlich, dass hier ein Virus ausgebrochen ist, wo und wie er entstand bleibt für den Zuschauer ungeklärt. Die Menschheit ist am Ende. Die wenigen, die noch leben, versuchen zu überleben oder haben nicht mehr lange zu leben. Dazwischen gibt es nichts mehr.
Das klingt schon mal vielversprechend. Leider macht der Film zu wenig aus seiner Ausgangssituation.
In den letzten Jahren gab es Horrorfilme, in denen so ein Virus für Tod und Verderben verantwortlich ist zuhauf, allen voran Zack Snyders tolles DAWN OF THE DEAD-Remake (2004), Danny Boyles 28 DAYS LATER (2002) nebst der ebenbürtigen Fortsetzung 28 WEEKS LATER (2007) von Juan Carlos Fresnadillo. Die Virus-Infektion war dabei nur der Auslöser für ein grausiges Zombie-Schicksal.
Dagegen ist CARRIERS ein „richtiger“ Virenthriller (á la OUTBREAK), denn hier verwandelt sich keiner nach der Infektion in einen blutdürstigen Zombie: hier wartet noch wirklich der Tod auf seine Virusopfer. Wie rücksichtsvoll.
CARRIERS steht da mehr in der Tradition zum Romero-Klassiker CRAZIES und rückt den Mensch in so einer furchtbaren Katastrophe in den Mittelpunkt. Auch hier bleibt die Frage: Wie würdest Du Dich verhalten?
Es hat schon seinen Reiz, so ein Endzeitdrama / Virenthriller mal ganz ohne Action und Gewaltsszenen abspielen zu lassen. Die leer gefegten Straßen und verlassen Ortschaften sorgen schon für eine unheilvolle Atmosphäre, doch viele Zuschauer dürften bei dem Fehlen genretypischer Elemente schon enttäuscht sein. Leider steht dem Film sein eigenes, wenig durchdachtes und nicht immer logisches Drehbuch im Wege.
Das fängt schon bei dem Virus an, der scheinbar willkürlich ins Drehbuch geschrieben wurde und je nach Belieben mal durch Atem, mal durch Blut und mal durch Berühren verbreitet wird. Wenig glaubwürdig auch, dass die Figuren in den einen Szenen Mundschutz tragen und in den anderen wieder nicht. Hier fehlt es einfach an der nötigen Konsequenz, was zur Folge hat, dass der Zuschauer diesen Virus eben nicht als reele Gefahr und „als nicht ganz so bedrohlich“ einstuft. Und dafür, dass hier Anarchie herrschen soll, wirkt die Szenarie einfach nicht anarchisch genug, zumal immer wieder vereinzelt Häuser auftauchen, die nahezu unversehrt sind. Auch scheint es nicht wirklich wichtig zu sein, welche Seuche die Menschheit nahezu ausgelöscht haben soll. Es hätte auch Heuschnupfen sein können.
CARRIERS bleibt leider zu sehr an der Oberfläche haften und holt zu wenig aus seiner Prämisse heraus. Was die beiden Regie-Brüder im Sinne hatten, nämlich zu zeigen, wie sich Menschen in einer Extremsituation verhalten, funktioniert nur bedingt.
Das Spezialeffekte hier nicht im Vordergrund stehen, ist schon mal einer der positiven Aspekte von CARRIERS. Hier und da geibt es auch Momente, in denen sich das Grauen im Kopf des Zuschauers manifestiert, z.B. wenn Heißsporn Brian anfangs noch damit prahlt, wie er mit geholfen hat, die Leichen im Stadion zu verscharren und später gestehen muss, das einige der Virusopfer noch gelebt haben… gerade noch. Ergreifend auch die Szene, in der die vier jungen Leute auf einen völlig kaputten Arzt (Mark Moses; DEEP IMPACT; DESPERATE HOUSEWIFES) treffen, der in einem nicht weniger heruntergekommenen Hospital einigen überlebenden Kindern ein wirkungsvolles Gegenmittel überreicht, dass sie für immer von ihrem Leiden befreien wird.
Inhaltlich verläuft CARRIERS in den üblichen Bahnen, ist aber letzten Endes auch nur einer dieser Filme, die von einer Situation zur nächsten stolpern. Die Inszenierung ist solide und sorgt bei einer angenehmen Laufzeit von 82 Minuten dafür, dass keinerlei Langeweile aufkommt. Manchmal blitzt sogar Spannung auf.
Die beiden jungen Schauspieler Chris Pine (der kurz darauf als junger Captain Kirk im 11. STAR TREK-Film das Erbe von William Shatner antreten sollte) und „Daumenlutscher“ Lou Taylor Pucci (SOUTHLAND TALES; FANBOYS) geben sich als gegensätzliches Brüderpaar immerhin Mühe. Sympathieträger gibt es in diesem Film keine. In Erinnerung bleibt der Auftritt von Christopher Meloni (OZ; LAW & ORDER: SVU), der als fürsorglicher Vater einzig und allein um seine kleine, infizierte Tochter (Kiernan Shipka) besorgt ist. Anfangs noch wird er von unseren vier Twens am Straßenrand aufgelesen (aber auch nur, weil man seinen Wagen brauch‘). Mit Isolierband und Klarsichtfolie bekommen Vater und Tochter im Auto ihr eigenes Abteil, später, wenn die Gelegenheit sich bietet, werden sie einfach zurück gelassen. Wer fühlte sich in seinem Leben nicht schon mal zurück- und alleingelassen?
„…aber ich hatte gehofft, dass wir uns als gute Christen möglicherweise helfen werden…“
„Man sieht in Filmen zu viele Helden“, bringt es Co-Regissuer Alex Pastor auf den Punkt. Das sich Menschen in Extremsituationen alles andere als heldenhaft erweisen – daraus hätte man hier viel mehr machen können. So bleibt unterm Strich nur ein leidlich spannender Film, der zu wenig aus seiner Thematik macht und dem es in den entscheidenden Momenten an emotionaler Tiefe mangelt. Zu selten zeigt man hier die nötige Konsequenz, wenn es ums Überleben geht, etwa wenn man schon mal seine große Liebe aus dem Wagen wirft. Selber schuld, wenn sie sich infiziert hat. Wo die Menschheit am Dahinsiechen ist, ist die Menschlichkeit schon längst am Ende.
- „Leider ist es aber auch nur leidlich spannend und CARRIERS zudem recht vorhersehbar. Wäre der Film weniger reißerisch aufgemacht, würde der Zuschauer vielleicht mit einer anderen Erwartungshaltung an ihn herangehen. So aber hat er trotz aller Pluspunkte und recht kurzer Laufzeit doch leider einige Längen aufzuweisen.“ (Kai Jorzyk, DEADLINE 02/2010)