ALONE IN THE DARK
USA / D / Kanada 2005 / O: "Alone in the Dark" / Prod.: Boll KG Productions, Herold Productions, Brightlight Pictures / Laufzeit: 95 Min. (uncut; Director's Cut) / Freigabe: k.J.
Regie: Dr. Uwe Boll / Musik: Reinhard Besser, Oliver Lieb, Bernd Wendlandt, Peter Zweier / Kamera: Mathias Neumann / Schnitt: Richard Schwadel / Ausf. Prod.: Dr. Uwe Boll, Wolfgang Herold / Prod.: Shawn Williamson / Buch: Elan Mastai, Michael Roesch, Peter Scheerer
Christian Slater (Edward Carnby), Stephen Dorff (Richard Burke), Tara Reid (Aline Cedrac), Will Sanderson (Agent Miles), Frank C. Turner (Sam Fischer), Matthew Walker (Prof. Lionel Hudgens), Francoise Yip (Agent Cheung), Daniel Cudmore (Agent Barr), Mike Dopud (Agent Turner), Mark Acheson (Captain Cernick) sowie Darren Shahlavi, Karin Konoval, Ed Anders, Brad Turner, Craig Bruhnanski, Sarah Deakins u.a.
„Bollschewisten aller Länder, vereinigt Euch!“
Alone in the Dark, allein mit Uwe Boll (POSTAL; SCHWERTER DES KÖNIGS). Dr. Uwe Boll, so viel Zeit muss sein. Nach seinem Schenkelklopfer-Lachschlager HOUSE OF THE DEAD (2003) nahm sich der Meister des filmischen Übels 2004 eines weiteren Videogames aus dem Hause Atari an. Voller Stolz erzählte Dr. Uwe Boll davon, wie die Herrschaften von Atari an ihn herantraten, weil ihnen seine Regie zu HOUSE OF THE DEAD so gefallen hat. Das Resultat dieser Kungelei war ein Ding namens ALONE IN THE DARK.
Natürlich ließ es sich der Kinomagier aus Wermelskirchen nicht nehmen, sein Meisterwerk entsprechend anzuspreisen, da träumt er und schwärmt er in Making-of und Audiokommentar über das, was sein grenzenloses Genie auf die Leinwand gezaubert hat:
Dr. Uwe Boll verspricht: „…einen gruseligen, spannungsreichen Action-Horrorfilm.“
Dr. Uwe Boll schwärmt: „Der Film hat tolle Bilder und wurde im Breitwandverfahren gedreht. Dadurch kommt die dunkle, gruselige Atmosphäre im Kino richtig gut rüber.“
Dr. Uwe Boll ist sich sicher: „Der Film ist gigantisch, mit großen Sets und vielen Drehorten.“
Dr. Uwe Boll weiß bescheid: „Es ist kein typischer Horrorfilm und kein Ereignisfilm à la Lara Croft, sondern ein Mittelding von Horror- und Ereignisfilm.“
Es zählt das Erreichte, aber manchmal reicht auch schon das Erzählte. Nun, wer mit dem filmischen Oeuvre des Dr. Uwe Boll vertraut ist, wird wissen, dass ALONE IN THE DARK alles Mögliche ist – nur eben nicht das, was er uns hier selbstverliebt und abgehoben verspricht. Was die ganze Sache wiederum so vergnüglich macht.
Alles beginnt mit einem scheinbar nicht enden wollenden Einleitungstext, gesprochen von einer drohenden Off-Stimme, die uns mit einer Flut an Informationen zulabert, dass man kaum noch den Überblick behält. Da faselt sie etwas von einer verloren gegangenen Zivilisation, amerikanische Ureinwohner namens Abkani. Sie waren der Überzeugung, es gäbe zwei Welten auf diesem Planeten: die Welt des Lichts und die Welt der Dunkelheit. Doch mit diesen Erkenntnissen kann man auch keine dunklen Drehbuchseiten erhellen. Jedenfalls hatten diese Vollidioten vor 10.000 Jahren nichts anderes übrig, als mal eben ein Tor zwischen diesen Welten zu öffnen, was zur Folge hatte, dass etwas ganz Böses hindurch schlüpfte. Mario Barth?
Die Abkani verschwanden, zurück blieben lediglich an entlegenen Orten versteckte Artefakte. Diese wiederum bilden den Schlüssel zu furchterregenden Kreaturen, die unter der Erde und in der Dunkelheit lauern und nur darauf warten, dass das Tor wieder geöffnet wird…
Was im Film eigentlich ordentlich hätte ausgearbeitet werden müssen, wird im Off-Text in 1 ½ Minuten hastig abgehakt, damit wir uns mit so etwas Überflüssigem wie Handlungsverlauf, Charakterentwicklung und einer Mythologie, die es auszuarbeiten gilt, nicht abplagen müssen. Das ist aber sehr rücksichtsvoll. Schließlich soll ja der brachial-infantilen Dauerballerei nichts im Wege stehen. Wird es auch nicht. Denn was dann kommt, ist laut, billig und dämlich – wieder so ein filmischer Boll-Böller, der krachend und knallend nach hinten losging. Obwohl man ALONE IN THE DARK von seinem Produktionsstandard her durchaus Kinoqualitäten bescheinigen kann, gelingt es Bolli auch hier wieder grandios, ihn wie ein unqualifiziertes B-Movie aussehen zu lassen. Er hat eben einfach das Talent dazu.
Genau wie er das entsprechende Talent hat, gestandene Schauspieler-Recken ziemlich mies und armselig aussehen zu lassen. Was Christian Slater bewogen hat, hier mitzumachen, wird wohl nur das Geheimnis seines Bankkontos bleiben. Oder der Wunsch, sich schauspielerisch einfach mal gehen zu lassen. Ein Talent, was man dem gewieften Boll-Troll nicht absprechen kann: gelangweilte Schauspieler zu ködern, die gerade mal nichts zu tun haben und einem lukrativen Nebenherverdienst nicht abgeneigt sind. Slater spielt hier einen Typ Marke „leicht frustrierter, herunter gekommener Privatdetektiv mit Waisenhaus-Trauma und Pistolen-Artikulation“. Einst arbeite er als Agent für eine ominöse Geheimbehörde namens „Büro 713“, eine Einrichtung der Regierung, die sich paranormaler Vorkommnisse und der Aufdeckung der Geheimnisse rund um die Abkani angenommen hat.
Slater grinst, prügelt und ballert was das Zeug hält, doch können für einen Schauspieler aus der sogenannten A-Kategorie solche Auftritte schnell das Abdriften in den B-Movie-Sumpf bedeuten (was er ein Jahr später mit seinem Engagement in der überflüssigen Fortsetzung HOLLOW MAN 2 bestätigte). Dort ist schon längst Stephen Dorff (SPACE TRUCKERS; FEAR DOT COM) versumpft, der hier als schnöseliger Regierungsagent eine besonders poltrige Vorstellung abliefert, bei der er mangelndes Talent mit einer Überdosis Over-Acting zu kompensieren versuchte. Zu Beginn noch gehen sich Slater und Dorff an den Kragen, doch wutschnaubende Springechsen, tobende Zombie-Gestalten und zuschnappende Sandwürmer lassen sie bald Seite an Seite gegen die dämonische Bedrohung kämpfen. Wo Männer noch Männer sind.
Auch mit dabei: Tara Reid (STADT DER VAMPIRE; DÜSTERE LEGENDEN; FEAR FACTORY – LABOR DER ANGST), die pausbäckige Trash-Tussi von der Hollywood-Hinterbank, als bebrillte Archäologie-Azubine. Selbst Dr. Uwe Boll kommt in seinem gewohnt unterhaltsamen Audiokommentar zu der Erkenntnis, dass sie einer der schwächeren Punkte in dem Film sei. Das läßt darauf schließen, dass sein gesunder Menschenverstand doch noch nicht abhanden gekommen ist.
Dann mischt auch noch der obligatorische verrückte Wissenschaftler mit, der hier Lionel Hudgens heißt und einst in einem geheimen Labor Experimente an Waisenkindern vornahm, natürlich mit dem ehrbaren Ziel, Mensch und Monster zu vereinen.
Dr. Uwe Boll wollte das Gefühl vermitteln, wie es ist, Angst im Dunkeln zu haben, doch dank der haarsträubenden, konfusen Dramaturgie, die alsbald in eine lärmende Dauerballerei mündet, bleibt etwas ganz anders dunkles zurück: nämlich nichts weiter als Gähnen. Ein Vergleich zu Christopher Gans‘ furiosem SILENT HILL sei an dieser Stelle gestattet, denn diese Videogame-Verfilmung war tatsächlich gruslig und atmosphärisch. Dr. Uwe Boll, Germany’s Next Flop Model, ballert jeden Ansatz davon weg. Und schwurbelt unmotiviert diverse Lovecraft-Mythen und ALIEN-Anleihen mit AKTE X-Mystery und luschigem Bodysnatcher-Horror durcheinander, angereichert mit Effekten aus der MATRIX-Ära, denen er ja schon in HOUSE OF THE DEAD mühevoll hinterher hechelte.
Die meiste Zeit über wird in ALONE IN THE DARK gerannt oder geschossen. Nach einer Taxi-Verfolgungsjagd über den Wochenmarkt quer durch den Gemüsestand, diversen Schusswechseln, Monster-Angriffen, Prügelszenen, Karate-Dräsche und noch mehr Schusswechseln offenbart ALONE IN THE DARK im letzten Drittel mit einer ganz speziellen Location seine Zugehörigkeit als unqualifiziertes B-Movie: das gute, alte still gelegte Betriebsgelände fand ja bereits in den Endzeit-Heulern aus den 80ern als kostengünstige Kulisse gebührend Verwendung. In Wahrheit ist dieses Set, das als alte Goldmine dienen soll, tatsächlich eine alte Goldmine, die inzwischen teilweise als Museum dient. Doch Balla-Balla-Boll bringt es fertig, sie wie ein altes, still gelegtes Betriebsgelände aus einem dieser 80er-Jahre-Endzeitheuler aussehen zu lassen.
Oberhalb lauern im Maschinenpistolen- und Waffenfeuer bestialische Ungeheuer, unterhalb gibt’s zwischen Kanalschacht-Kriechereien und Tunnelgang-Latschereien diverse Leichenfleddereien, der Splatter-Anteil steigt, das wird einige freuen, Blutspritzer auf’s Kamera-Objektiv inklusive, andere werden diesen Film bereuen. Und Gift und Galle speien! Das alles ergibt nichts, was auch nur annähernd Substanz oder Nährwert hat. Es ist wie oben schon erwähnt einfach nur billig, dämlich und laut, sehr laut. Immerhin eignet sich ALONE IN THE DARK dazu, sowohl die heimische Heimkinoanlage als auch die Nerven der Nachbarn auszutesten.
Es ist wie es ist: ALONE IN THE DARK ist nicht spannend, nicht gruslig, nicht düster, nicht atmosphärisch. Dr. Uwe Boll, die filmende Zahnlücke, die Lücke, die durch nichts zu ersetzen ist, hat mal wieder falsch gemacht, was man als aufstrebender Filmemacher falsch machen kann. Und dabei hat er sich richtig viel Mühe gegeben.
Und zum Schluss die Erkenntnis: das Böse liegt direkt unter’m Waisenhaus. Na wo auch sonst..?
- Gefolgt von: ALONE IN THE DARK 2 – DAS BÖSE IST ZURÜCK (2008)
3/10