2010: MOBY DICK
USA 2010 / O: "2010: Moby Dick" / Prod: The Asylum / Laufzeit: 90 Min. / FSK: ab 16
Regie: Trey Stokes / Musik: Chris Ridenhour / Kamera: Alexander Yellen / Schnitt: Alex Evans / Ausf. Prod.: David Rimawi / Prod.: David Michael Latt / Buch: Paul Bales / LV: Herman Melville Darstellende
Barry Bostwick (Captain Ahab), Renée O'Connor (Dr. Michelle Herman), Matt Lagan (Captain John "Boomer" Enderby), Adam Grimes (Lt. Comm. Starbuck), Dean Kreyling (Admiral De Deers), Jay Gillespie (junger Ahab), Jay Beyers (junger Boomer), Carl Watts (Caprain Pollard) sowie Thom Rachford, Carlos Antonio, Brian Hall u.a.
Die Dreistigkeit was die Firmenphilosophie der Billigfilmspelunke „The Asylum“ anbelangt kennt keinerlei Grenzen: inzwischen gibt man sich nicht nur mit dem schamlosen Ausschlachten populärer Kino-Blockbuster zufrieden, nein, jetzt vergreift man sich auch noch an den Klassikern der Literaturgeschichte. In diesem Fall hat es geradezu etwas obszönes an sich, wenn man ausgerechnet im Vorspann einer dieser zahllosen Asylum-Produktionen den Namen von Herman Melville liest: hier trifft Kultur auf Banausen. Da haben die nun Melville’s 1851 erschienen Romanklassiker „Moby Dick“ verwurstet, welcher 1956 kongenial von John Huston mit Gregory Peck verfilmt wurde (und dann noch einmal 1998 als TV-Film mit Patrick Stewart).
Episches Kino sollte man hierbei freilich nicht zu erwarten, stattdessen aber einen Griff in die Trash-Tonne: hier ist Moby Dick nun ein Helikopter verschluckendes 500-Meter-Ungetüm, aus der Pequod, dem klassischem Segel-Walfangschiff, hat man ein High-Tech-U-Boot gemacht und Käpt’n Ahab bekommt statt dem Holzbein ein Metallrohr verpasst. Immerhin nimmt man sich im Prolog ein wenig Zeit, seine Hintergrundgeschichte zu erläutern: es war im Jahre 1969, in dem Ahab als junger Bubi zusammen mit seinem Kollegen Boomer mitten im kalten Krieg ihren Dienst auf einem U-Boot verrichten und via Funk undefinierbare Signale orteten. Doch es ist kein böser Russe der da auftaucht, sondern Mega-Moby-Dick, der das Schiff in zwei Teile reißt. Die einzigen Überlebenden sind Ahab, der sein linkes Bein einbüßt, und Boomer, dem eine Hand abhanden kommt. Für Ahab gilt fortan nur eins: Rache ist Blutwurst! Gut vier Jahrzehnte hat er sich das hochmoderne U-Boot Pequod unter den Nagel gerissen, um damit seinen Rachefeldzug gegen Moby Dick zu starten. Das Militär wiederum startet zur Jagd auf den von Rachegelüsten besessenen Captain Ahab, macht man ihn für die von Mobbel Dick begangenen Taten verantwortlich.
Auch 2010: MOBY DICK hält das ein, was so eine zünftige, für den kostengünstigen DVD-Markt aufbereitete Produktion aus dem Hause Asylum verspricht: unter „viel versprechendem“ Titel gibt’s mal wieder ein grotesk-kolossales, aus der Computer-Retorte heraus geschissenes Ungetüm mit jede Menge Kaputtmachpotential zu bewundern; umrahmt von billigen CGI-Effekten, dilettantisch geschnittenen Szenenwechseln, die im stakkatoartigem Tempo auf den nächsten Monsterangriff zusteuern, und einer pathetisch aufgebrezelten, bemüht heroischen Musik, die etwas ganz Großes und Wichtiges vorheucheln will, wo letzten Endes aber nur Mini-Budget und Untalent dominieren. In einer Szene sieht man wie ein Helikopter im Maul des Riesenpottwals auf Nimmerwiedersehen verschwindet (incl. kurzer Einblendung von verdutzten Gesichtern der überraschten Hubschrauber-Besatzung), eine Szene, wie sie in ähnlicher Form auch schon im phänomenalen MEGA PIRANHA zu „bestaunen“ gab. Gerade da wird deutlich, wie austauschbar und beliebig dieser ganze Asylum-Schrott, diese Filme aus der Klapsmühle, sind. Doch wie an einen eingewachsenen Zehennagel, so hat man sich auch daran gewöhnt. Langeweile kommt hierbei, schon alleine wegen des wie immer rasanten Tempos, nicht auf, nur eben das im Gegensatz zum MEGA PIRANHA diesem Mega Moby Dick dann doch die ganz großen, verrückten Einfälle fehlen, um auf einer Trashfilm-Party für Stimmung zu sorgen. So richtig schön absurd wird’s erst zum Schluss, wenn der Riesenpottwal über den Berg einer kleinen Insel krauchen darf und dabei ein paar arme Seelchen plättet. Doch auch ohne diese Schenkelklopfer-Szene ist eins klar: das alles hier ist ziemlich platt.
Ein großes Teil des Geschehens vollzieht sich in den austauschbaren Bunkerräumen diverser U-Boot-Kontrollraum-Attrappen, wo Moby Dick urplötzlich auf dem Radar auftaucht und mit Torpedos – erfolglos – beschossen wird. Weder Raketenfeuer, noch Atomwaffen können dem Ungetüm etwas anhaben. Durch die Billigkulissen, die so oder so ähnlich auch schon in anderen Asylum-Produktionen verwurstet wurden, humpelt Barry Bostwick (THE ROCKY HORROR PICTURE SHOW) als schräge Ahab-Parodie mit einem ganzen Arsenal an bizarren Grimassen und glaubt allein durch sein Gezappel und den Gesichtsverrenkungen sich wichtig tun zu müssen. Ein Gregory Peck kam anno dazumal noch ohne dieses Over Over Over Over Acting aus. Derweil gibt Renée O’Connor (XENA; ALIEN APOKALYPSE; THE BOOGEYMAN 2) die forsche Walforscherin, anfangs im knappen Bikini-Oberteil, später nur noch in Stichwortgeber-Funktion und sieht dabei selbst aus wie ein gestrandeter Wal, der irgendwann mal an Land gespült, aber nicht weggeräumt wurde. Wie das so ist, wenn abgehalfterte Schauspielerinnen jenseits der 40 sich 20 Jahre jünger geben müssen. Ein Schicksal, das sie mit Schnulzenische Tiffany aus MEGA PIRANHA teilt. Speziell wenn man Bostwick und O’Connor sieht, hat man das Gefühl als hätten sie die gewohnt holprigen Dialog-Kalauer nicht, wie das so üblich ist, aus dem Drehbuch gelernt (was erstmal voraussetzen muss, das da eins existiert), sondern unter Zugabe von alkoholischen Getränken vollkommen improvisiert. Um die beiden drumherum lallen die üblichen Laiendarsteller-Lakaien, während der Film selbst auf geistige Tauchstation geht. Gluck, gluck, weg waren sie.
Für alle, die an so einer geballten Ladung an Untalent und Inkompetenz ihre Freude haben, bleibt hier ein kurzweilig-trashiger Monster-Mockbuster Marke „Asylum“, so bescheuert wie unterhaltsam. Selbst harmlose Szenen, wie z.B. das Teleskop-Fernrohr, das sich unter der Eisdecke hervor schraubt, sehen da einfach nur (unfreiwillig!) komisch aus.