„Die afrikanische Killerbiene sollte nicht verwechselt werden mit der hart arbeitenden, fleißigen amerikanischen Honigbiene, die uns mit Honig versorgt und unsere Blumen bestäubt…“
Regie: Irwin Allen / Musik: Jerry Goldsmith / Kamera: Fred J. Koenekamp / Schnitt: Harold F. Cress / Buch: Stirling Silliphant / LV: Arthur Herzog / Spezialeffekte: Howard Jensen, L. B. Abbott
Darsteller: Michael Caine (Brad Crane), Katharine Ross (Helena), Richard Widmark (General Slater), Henry Fonda (Dr. Krim), Olivia de Havilland (Maureen), Ben Johnson (Felix), Fred MacMurray (Clarence), Richard Chamberlain (Dr. Hubbard), Slim Pickens (Jud Hawkins), José Ferrer (Dr. Andrews), Bradford Dillman (Major Baker), Lee Grant (Anne MacGregor), Patty Duke (Rita), Cameron Mitchell (General Thompson), Christian Juttner (Paul Durant), Morgan Paull (Dr. Newman), Alejandro Rey (Dr. Martinez), Don “Red” Barry (Pete Harris) sowie Doria Cook-Nelson, Robert Varney, Ernie Orsatti, Patrick Culliton, John Furlong, Arthur Space, Chuck Hayward, Howard Culver u.a.
DER TÖDLICHE SCHWARM … – auch wenn die Vermutung nahe liegt: damit ist nicht Justin Bieber gemeint, sondern das war in diesem Fall 1978 ein letztes Aufbäumen des guten, alten 70er-Jahre-Katastrophenfilms, der sich praktisch selbst zu Tode ritt und von DIE UNGLAUBLICHE REISE IN EINEM VERRÜCKTEN FLUGZEUG (1980) würdevoll zu Grabe getragen wurde. Initiiert vom Vater aller Disaster-Movies, Irwin Allen (UNTERNEHMEN FEUERGÜRTEL, 1961), ist DER TÖDLICHE SCHWARM ein Worst of populärer Katastrophenszenen, in dem frisch aus Afrika importierte Bienen von den Schwingungsfrequenzen der Funksignale einer Raketenbasis in Texas angelockt werden und für jede Menge Chaos und Zerstörung sorgen: so setzen sie eine Raketenstation außer Gefecht, lassen ein Kernkraftwerk hochgehen, verwandeln Houston in ein FLAMMENDES INFERNO, machen Jagd auf Ausflügler, arrangieren ein stichhaltiges Kleinstadt-Massaker, bringen Züge zum entgleisen und Helikopter zum Absturz.
Und schon sind wir mittendrin, in diesem herrlichen Hollywood-Brummer, der von Kritikern als „schlechtester Hummelfilm aller Zeiten“ gekürt wurde. Ein Film, mit einer geballten Ladung an Nonsens und Schwachsinn, dass man sich fragt, ob nicht doch Mel Brooks seine Finger im Spiel hatte. In geradezu rührender und unbekümmerter Naivität reihen Allen und sein bewährter Drehbuchautor Sterling Silliphant kolportagehaft diverse Nebenhandlungen und Katastrophenszenen aneinander – bierernst versteht sich.
Mittendrin im Gewimmel: haufenweise Stars, die wie angestochen herum rennen. Vielleicht hatten sich alle Beteiligten einen ähnlichen Erfolg erhofft wie in FLAMMENDES INFERNO (1974), doch entpuppte sich THE SWARM als künstlerischer und kommerzieller Flop, der deutlich zeigte, dass das Interesse an Irwin Allens Katastrophenszenarien verschwunden war. 11 Millionen Dollar Verlust machte dieses Stachel-Spektakel damals an den Kinokassen und war seinerzeit einer der größten Pleiten in der Firmengeschichte von Warner Bros.
Und trotzdem kann man hier jede Menge Spaß haben in dieser planlosen, aber unterhaltsamen Aneinanderreihung an absurden Szenen, altbackenen Tricks und blöden Momenten. Hier ist es vor allem der Nebenplot mit dem Jungen, dessen Eltern beim Picknick zu Tode gepiesackt wurden und nun im Krankenhaus vor sich hinschwitzt und Halluzinationen von einer Riesenbiene hat. Den Tod seiner beiden Hersteller rächt er in dem er, unterstützt durch 2 Freunde, den garstigen Bienenschwarm mit Molotov-Cocktails beschießt und damit erst recht in Rage bringt. Wenn die Jungs anschließend Zuflucht unter drei umgekippten Mülltonnen finden (die standen da – wie praktisch – so im Walde rum), mag sich der eine oder andere Zuschauer denken: Da gehört dieser Film auch hin! Allerdings würde man einen Riesenspaß verpassen.
DER TÖDLICHE SCHWARM ist ein Bee-Movie im wahrsten Sinne des Wortes. Und jede Menge Leinwandgrößen, hauptsächlich aus vergangenen Kino-Tagen, machen sich gnadenlos zum Löffel. Solide schauspielerische Leistungen nützen nichts, wenn das Umfeld nicht stimmt, sprich man sich mit dussligen Dialogen und bescheuerten Situationen herumplagen muss. Manche der Anwesenden sind auch nur ganz kurz dabei, wie etwa Überraschungsgast Cameron Mitchell (DAS GEHEIMNIS DER FLIEGENDEN TEUFEL, 1980), der zu Beginn als Army-Fuzzi Instruktionen erteilt, und auch der Auftritt von José Ferrer (HEXENSABBAT, 1977; THE BEING, 1981) dauert keine Minute, bevor er mitsamt Richard Chamberlain im Kernkraftwerk von den Bienen erst zu Tode gestochen und dann in die Luft gejagt wird. Rumms!
Unfreiwillig komisch ist der knurrig gespielte Part von Westernstar Slim Pickens (HOWLING, 1980), der in Kubricks DR. SELTSAM auf einer Atombombe ritt und hier als trauernder Vater seinen toten Sohn mitsamt Leichensack nach Hause schleppt, während Olivia de Havilland, die Schuldirektorin im besten Alter, erst von zwei gestandenen Männern (Fred MacMurray und Ben Johnson) und dann von einem Haufen Killerbienen umschwärmt wird. In weiteren Rollen stolpern Lee Grant (DAS OMEN II, 1978) als Sensationsreporterin, Patty Duke (DER 4D-MANN) als Schwangere und Bradford Dillman (FLUCHT VOM PLANET DER AFFEN, 1971; FEUERKÄFER, 1975; PIRANHAS, 1978) als Assi von Richard Widmark durch diesen Katastrophen-Brummer.
Im Mittelpunkt steht jedoch ein Sonnenblumenkerne kauender Michael Caine (INCEPTION, 2010) als Dr. Crane, der im Verlauf des Geschehens mit Katharine Ross anbandeln darf und nichts unversucht lässt, um den Horror in schwarz-gelb (grins) auszumerzen. Im unterirdischen Militärbunker sucht man unter seinem Kommando fieberhaft nach einem Gegenmittel, dass sich der angesehene Immunologe Dr. Henry Fonda in einem fatalen Selbstversuch in den Arm spritzt. Zwischendurch gibts immer mal wieder Reibereien zwischen Dr. Michael Caine und General Richard Widmark, der am liebsten alles in die Luft jagen möchte. Als letzterer die chemische Keule schwingt, kommt es zu einem der vielen Schenkelklopfer-Dialoge:
Caine: „Wenn sie das anwenden, wächst in den nächsten 10 Jahren kein Gras mehr.“
Widmark: „Denken Sie noch ans rasieren, wenn Ihnen jemand den Kopf abschlagen will?“
Wer es etwas ernsthafter mag, dem sei der 2 Jahre zuvor gedrehte MÖRDERBIENEN GREIFEN AN mit Horst Buchholz, Michael Parks und abermals Ben Johnson empfohlen, wer von derlei 1A-Schwachsinn nicht bekommt sollte sich die 40 Minuten längere Extended Version, die u.a. in den USA und GB erhältlich ist, zu Gemüte führen.
- „Der größte Teil der Handlung spielt in einem Ort namens Marysville – einem dieser absonderlichen Pappdeckelkaffs, die auf jedem Hollywood-Studiogelände wuchern. Aber diese Stadt wird ganz offenbar von einer Clique bewohnt, die schlechte Filme liebt: das örtliche Kino spielt nämlich Irwin Allens letzten Riesenheuler FLAMMENDES INFERNO.“ (Harry & Michael Medved, THE GOLDEN TURKEY AWARDS)
- „Die Effekte sind teilweise noch ganz ordentlich, doch werden diese von Allens äußerst mäßiger Dramaturgie wieder neutralisiert. Das Schlimmste sind jedoch die Leistungen der namhaften Darsteller, bei denen jeder Einzelne sich nach Leibeskräften müht, seinen guten Ruf zu ruinieren.“ (Harry Lieber, HÖLLE AUF ERDEN)
- „Jedenfalls ist es nicht gelungen, die Bedrohung von einer aus Tausenden von Bienen bestehenden Wolke dem realen Schrecken eines vor der Badebucht kreuzenden Hais entgegen zu setzen.“ (Frank Trebbin, DIE ANGST SITZT NEBEN DIR)
- „Summ, summ, nicht spannend, eher dumm.“ (CINEMA)
- „Trotz bemerkenswerter Tricktechnik und einiger guter Szenen insgesamt doch nur ein mittelmäßiger Kintopp, begrenzt reizvoll durch die Auftritte berühmter Schauspieler-Veteranen.“ (LEXIKON DES INTERNATIONALEN FILMS)
- „Hoppla: Im Film wird angegeben, dass der Bienenschwarm in 17 Stunden (17 hours) Houston erreichen werde. Die deutsche Übersetzung machte 17 Uhr daraus.“ (Harald Keller, SCHRÄG, SCHRILL, SCHARF UND SCHUNDIG)