THE LAST WINTER
USA 2006 / O: "The Last Winter" / Prod.: Antidote Films; Glass Eye Pix; Big Heart Pict.; Palomar Pict.; Katapult Films Sales / Laufzeit: 105 Min. (DVD; uncut) / FSK: ab 16
Regie + Schnitt: Larry Fessenden / Musik: Jeff Grace / Kamera: G. Magni Ágústsson / Prod.: Larry Fessenden, Jeffrey Levy-Hinte / Ausf. Prod.: Jeanne Levy-Church, Sigurijón Sighvattsson / Buch: Larry Fessenden, Robert Leaver / Visuelle Effekte: Glenn McQuaid
Ron Perlman (Ed Pollack), James LeGros (James Hoffman), Connie Britton (Abby Sellers), Zach Gilford (Maxwell McKinder), Kevin Corrigan (Motor), Jamie Harrold (Elliot Jenkins), Pato Hoffman (Lee Means), Joanne Shenandoah (Dawn Russell), Larry Fessenden (Charles Foster), Oscar Miller (Simon Marshowitz), John Speredakos (Wettermann) sowie Hálfdán Theodórsson, Eggert Ketilsson, Jack Fessenden, Halfdan Pedersen
Nordalaska: Im Auftrag einer dieser Konzerne begibt sich das Team rund um den herzlich-raubeinigen Pollack (Ron Perlman) ins ewige Eis, um dort nach möglichen Ölbohrquellen zu suchen. Dabei gerät er schnell mit dem Umweltschutzbeauftragten Hoffman (James Le Gros, DAS BÖSE II; ZODIAC), der lediglich aus firmenpolitischen Gründen angestellt ist, aneinander. Nicht nur die Affäre zwischen ihm und seiner Ex-Freundin Abby (Connie Britton, A NIGHTMARE ON ELM STREET), sondern auch dessen Öko-Aktivitäten sind dem Alpha-Tier Pollack ein Dorn im Auge. Doch Hoffmanns beunruhigende Entdeckungen sind nur die Vorboten für eine Reihe von mysteriösen Ereignissen, die immer bedrohlichere Ausmaße annehmen: Die Temperatur steigt an, der seit Ewigkeiten gefrorene Boden taut auf, es fängt an zu regnen – mitten in der Arktis! Hoffman kommt schon bald zu der Erkenntnis, dass die Natur sich im zunehmenden Maße gegen die Menschen richtet – mit aller Gewalt. Der Anstieg der Temperaturen sorgt denn auch dafür, dass die eigentlichen Arbeiten nicht ausgeführt werden können, weil eine wichtige Eisstraße, die Basis und Camp miteinander verbinden soll, nicht erschlossen werden kann und darum notwendige Maschinen noch immer nicht vor Ort sind. Derweil macht sich Unbehagen im Camp auf. Der junge Maxwell (Zach Gilford) verschwindet spurlos, nur um verwirrt wieder aufzutauchen. Eines nachts macht er sich auf ins ewige Eis, nackt und nur mit einer Videokamera ausgestattet, was ihm den sicheren Tod bringt. Das gefundene Filmmaterial gibt nur weitere Rätsel auf. Angst und Paranoia machen sich breit: Maschinenschlosser Motor (Kevin Corrigan) ist ständig am reparieren, nur um festzustellen, dass keine 2 Stunden später wieder alles kaputt ist, Hoffmanns Kollege Elliot (Jamie Harrold) verfällt dem Wahnsinn, ein Firmenflugzeug stürzt ab, die Kommunikation bricht zusammen… Das Ende naht…
Noch so ein Film, den man allzu gerne im Kino gesehen hätte, denn da gehört THE LAST WINTER mit seinen betörend schönen, atemberaubenden Bildern und der packenden, aber keinesfalls anbiedernden Öko-Botschaft auch hin.
Wer hier die große Action oder die Zurschaustellung von Naturkatastrophen erwartet, dürfte enttäuscht sein (und wäre eben im Emmerich-Spektakel THE DAY AFTER TOMORROW besser aufgehoben), dabei geschieht auch ohne diese im Mainstream-Kino beliebten Zutaten jede Menge, wenn man sich nur erst mal auf die Geschichte und mit ihr auf die sich einnehmende Atmosphäre einlässt. In Form und Gestaltung der Geschehnisse geht Larry Fessenden äußerst subtil an die Thematik heran und von all den bisherigen „Die Natur schlägt zurück“-Filmen ist THE LAST WINTER einer der nachhaltigsten, gerade weil das Grauen hier nicht so offensichtlich – und auch ohne jeglichen erhobenen Zeigefinger! – daher kommt. Das Nachsehen dürften denn auch die haben, welche, wie auf einer anderen Filmseite beschrieben, tatsächlich „ein mit THE THING / ALIEN-Anleihen beworbenes Vehikel“ erwarteten und umso enttäuschter reagierten, wenn derlei Genre-Zutaten ausbleiben. Das bloße Monsterspektakel gibt es hier nicht zu sehen (was nur gut sein kann), ebenso begnügt sich Fessenden nicht mit irgendwelchen „Das Wetter spielt verrückt“-Albereien.
Nicht umsonst verweist Larry Fessenden darauf, einer der Ersten zu sein, die sich im Film mit der globalen Erwärmung auseinander setzen (mal abgesehen von Roland Emmerichs Katastrophenkracher THE DAY AFTER TOMORROW, der sich erst in Spezialeffekten und dann in Albernheiten verlierte) und prophezeit dabei, das andere Filmemacher ihm folgen werden, um ihre Geschichten zu erzählen. Bislang hat sich seine Prophezeiung (noch) nicht erfüllt. In dieser Hinsicht geht es ihm da wie seinem Charakter Hoffman, der in verzweifelter, aussichtsloser Lage zum Schluss seine Freundin Abby gerade dazu auffordert allen zu erzählen, was passiert ist, „um Alarm zu schlagen und die Welt wach zu rütteln, damit die Leute aufstehen und zur Besinnung kommen“. Gerade mit diesen Dialogzeilen dürfte klar sein, dass sich nichts ändern wird und alles so weiter geht wie bisher. Der pessimistische Epilog rundet das alles nur noch ab.
Dennoch hält sich THE LAST WINTER mit oberlehrerhaften Standpauken und allzu offensichtlichen Anspielungen so gut wie zurück.Im Gegensatz zum Emmerich-Spektakel hat THE LAST WINTER einen entscheidenden Vorteil: er ist eindringlich, nicht aufdringlich. Seine Kraft liegt gerade in den ruhigen Bildern, abgerundet durch die vorzügliche Kameraarbeit und dem hervorragenden, hypnotischen Soundtrack. Zur eisig-melancholischen Atmosphäre kommt ein stetiges Gefühl der Bedrohung, die Angst vor einem gesichtslosen, unsichtbaren und unbezwingbaren Gegner. Eben das, was das A und O eines guten Horrorfilms ausmacht. So gesehen hätte es Fessenden gar nicht nötig gehabt, im Finale doch noch mit einem (Computer animierten) Monster aufzuwarten, das als Verkörperung des Untergangs unpassenderweise wie ein Fantasy-Drachen daher kommt. Auf der anderen Seite mag auch das seinen Sinn in seinem Film haben, wird doch am Rande jenes übernatürliche Wesen namens Wendigo erwähnt, welches Fessenden in einer seiner vorangegangenen Regiearbeiten (WENDIGO, 2001) einen ganzen Film widmete. Gerade in dieser Hinsicht lässt die Handlung viel Deutungsspielraum zu.
Zwischen Endzeitstimmung und Paranoia kommt noch die grenzenlose Leere der Schnee- und Eislandschaft, in der man hoffnungslos verloren gehen kann, die Isolation und die Abhängigkeit von wesentlichen Hilfsmitteln wie einer funktionierenden Telefonverbindung und Schneefahrzeugen hinzu. Der Horror entwickelt sich hier aus scheinbar harmlosen Situationen und das ist einer der Stärken dieses souverän inszenierten Alptraum-Szenarios.