Regie: Alex Nicol / Musik: Ernest Gold / Kamera: Floyd Crosby / Schnitt: Betty Jane Lane / Ausf. Prod.: T. Frank Woods / Prod. + Buch: John Kneubuhl
Darsteller: John Hudson (Eric Wilson), Peggy Webster (Jenny), Russ Conway (Reverend Edward Snow), Tony Johnson (Mrs. Snow), Alex Nicol (Mickey)
Derzeit sind ja gleich mehrere Labels am Start, um in liebevoll aufgemachten DVD-Reihen scheinbar vergessene Filmperlen, Genre-Klassiker und manchmal auch nur absolut bescheuerte Trashfilmchen aus längst vergangenen Kinotagen (speziell die 50er, 60er und 70er Jahre) wieder ans Tageslicht zu zerren.
Anfang 2012 startete ein junges Label namens Edition Tonfilm mit der gleichnamigen Reihe, die es sich zum Ziel gemacht hat, Randfilme, vergessene Perlen und Eurokino-Highlights speziell der 60er und 70er Jahre an die zahlreichen Fans zu bringen. Ein löbliches Ansinnen. Beim ersten Titel dieser neuen Reihe handelt es sich um DAS GEHEIMNIS DES SCHREIENDEN SCHÄDELS aus dem Jahre 1958. Können die Tonfilmer mit dieser Veröffentlichung dem hohen Niveau ihrer Konkurrenten gerecht werden? Dazu später mehr. Kommen wir zunächst erst einmal zum eigentlichen, bislang weniger bekannten Film:
Nach dem Tod seiner ersten Frau Marion plant der nun wohlhabende Eric Wilson (John Hudson) die junge, aber psychisch kranke Millionärin Jenny (Peggy Webster) zu heiraten. Beide wollen die alte Villa beziehen, die seit Marions mysteriösem Ableben leer steht – nur der geistig behinderte Gärtner Mickey (Regisseur Alex Nicol), der auf dem riesigen Grundstück in einer Holzhütte lebt, ist noch da und steht den beiden Eheleuten eher misstrauisch gegenüber.
Schon die erste Nacht wird für Jenny zum Alptraum: undefinierbare Geräusche plagen sie und immer wieder hat sie schreckliche Visionen eines schreienden Schädels. Ist das nur ein Einbildung oder spukt der Geist der toten Marion in dem alten Herrenhaus herum? Jenny droht in den Wahnsinn abzudriften…
1962 war es das letzte Mal, seit THE SCREAMING SCULL (so der Originaltitel) bei uns im Kino lief und so hat man nun nach 40 Jahren wieder die Möglichkeit, sich ihn zu Gemüte zu führen. Ich freu mich ja immer, wenn mal so ein oller Schinken wieder veröffentlicht wird, selbst wenn es sich dabei um einen eher mäßigen Genre-Beitrag handelt wie im vorliegendem Fall. Hier hat man schon nach einer Viertelstunde das Gefühl, einen besonders lahmen Vorläufer der beiden Spukhausfilm-Klassiker SCHLOSS DES SCHRECKENS (1961, Jack Clayton) und BIS DAS BLUT GEFRIERT (1963, Robert Wise) vor sich zu haben.
Selbst für das Jahr 1958 geriet das alles hier reichlich bieder und banal; insgesamt also eine eher schnarchige Grusel-Plotte, wobei „Das Geheimnis des schlafenden Schädels“ in diesem Fall der treffendere Titel gewesen wäre. Der schreiende Schädel gehört dagegen vielmehr zur leicht hysterischen Hauptfigur, die von Peggy Webster (sie wirkte u.a. im selben Jahr in Jack Arnolds THE SPACE CHILDREN mit) eher blass verkörpert wird, wobei das fade Drehbuch und die lahme Regie ihr auch kaum Raum zur Entfaltung geben. Immerhin darf sie ab und zu mal schreiend über die Flure rennen, weil hier und da mal ein Totenkopf-Schädel im Haus platziert wurde oder die Treppe runter purzelt. Nun ja.
Mit anderen Filmen aus jener Zeit ist das aber nicht zu vergleichen: sowohl die britischen Hammer-Filme als auch Roger Cormans Poe-Verfilmungen und die oben genannten Titel boten weitaus mehr Spannung, Raffinesse und Atmosphäre. THE SCREAMING SCULL ist nicht gänzlich unstimmig, aber er plätschert ohne erkennbare Höhepunkte bis zur absehbaren Auflösung so vor sich hin. Die ist denn auch weniger im phantastischen als im natürlichen Bereich anzusiedeln und alles andere als überraschend. Für Gruselstimmung der seichten Art sorgt dann noch im letzten Drittel ein Gewitter mit Blitz und Donner mitsamt einem Finale, das sogar einige surrealistische Tendenzen aufweist. Ansonsten herrscht hier eher Flaute.
Dabei fängt das alles ganz nett an: Im Intro warnt (allerdings nur in der Originalfassung) eine Stimme, dass man sich während des Film zu Tode ängstigen könne. Die Kamera fährt an einen mit Blumen beschmückten Sarg heran, dieser klappt auf und drin steht: „Reserviert für Dich!“ Wie aufmerksam. Der Vorspann ist auch ganz drollig: ein Rundumblick auf das Haus mitsamt Anwesen, dann ein Zoom auf den Gartenteich, wo sprudelnd ein Totenkopf an die Oberfläche gluckert und zur morbiden Mucke die Credits einsetzen. Das hat schon was. Doch danach wird’s eher … naja … solala… es passiert jedenfalls nicht wirklich etwas. Überhaupt geriet dieses 5-Personen-Stück reichlich spartanisch, da hier ja ein leer stehendes Haus ohne jegliches Mobiliar bewohnt wird, was ja, im Angesicht eines sehr, sehr niedrigen Budgets, von Vorteil ist, da man sich so jegliche Requisiten und Dekors spart. So sieht dann aber auch der ganze Film aus: nämlich sehr, sehr sparsam.
Dabei hatte man sich damals noch was einfallen lassen, um die Massen ins Kino zu locken. Als kleiner Werbegag wurde nämlich eine kostenlose Beerdigung versprochen, falls einer vor Schreck sterben sollte. Nun das wird wohl nicht passieren und wenn, dann eher aus Langeweile. Gimmick-Meister William Castle ging im selben Jahr für sein MACABRE (übrigens als Vol. 5 der „Drive In Classics“ von Subkultur Entertainment erschienen) noch einen Schritt weiter: er schloss für seine Zuschauer tatsächlich eine Versicherungssumme von 1000 Dollar ab, falls nur einer von ihnen vor Schreck sterben würde.
Nur liegen eben zwischen William Castle und Alex Nicol Welten und das wird beim Anschauen von Nicols erster Regiearbeit allzu deutlich. Der Schrecken hält sich in Grenzen und als Psychothriller will das Ganze auch nicht so recht funktionieren.
Ja und wie präsentiert Edition Tonfilm diesen ollen Heuler von der Ausstattung her? Auf den ersten Blick sind gewisse Ähnlichkeiten mit den Drive In Classics von Subkultur Entertainment erkennbar: Pappschuber, Limitierungszertfikat, Booklet. Auf den zweiten Blick macht sich Ernüchterung breit: der Schuber ist noch ganz hübsch gestaltet, aber das Booklet nur ein Faltblättchen, das immerhin ein paar Aushangsfotos zum Film bietet – aber auch nicht mehr. Auf der Rückseite gibts dann das Zertifikat mit der Limitierungsnummer (die DVD ist auf 1500 Stück limitiert). Gefallen hat mir noch das originale (und viel schönere) Plakatmotiv des DVD-Covers. Technisch ist diese Silberscheibe eher schwach. Sicherlich muss man sich hier immer das Alter des Films vor Augen halten, doch haben sich andere Anbieter mit der Restaurierung ungleich mehr ins Zeug gelegt. Das Bild wurde angeblich zwar restauriert, doch fehlt es hier immer noch eindeutig an Schärfe und Kontrast. Ich mag’s ja bei diesen alten Filmchen wenns schrabbelt und knistert und da dürfen auch ruhig mal ein paar Laufstreifen sein (was ja den Nostalgiefaktor erhöht), doch hier ist alles irgendwie… naja… milchig und unscharf. Der Ton rauscht übrigens auch und kommt eher dumpf rüber.
Die Extras fallen ebenso mager aus, denn bis auf den Originaltrailer gibt es hier nichts weiter zu entdecken. Zumindest liegt der Film noch in 2 Versionen vor: einmal in der ungekürzten Originalfassung und dann noch in der deutschen Version, die um etwa eine Minute gekürzt ist (hier fehlt der eigentliche Vorspann, die deutschen Stabangaben finden sich nun im Sarg-Prolog gleich zu Beginn). Hintergrundinformationen gibt es keine; wenn man etwas mehr über den Film wissen will, muss man sich das selber im Netz zusammen suchen. Für einen Preis von 24 € wird einem hier entschieden zu wenig geboten. Ich möchte die Mühe, die sich die Tonfilmer mit dieser Scheibe gaben, nicht absprechen, aber für zukünftige Veröffentlichungen ist hier noch kräftig Steigerungspotential vorhanden.
3/10