GARGOYLES - FLÜGEL DES GRAUENS
USA 2004 / O: „Gargoyle“ / AT: „Gargoyle’s Revenge“; „Gargoyles: Flügel des Grauens” / Prod.: Avrio Filmworks, Cinetel Films, Lions Gate Films / Laufzeit: 83 Min. / FSK: ab 12
Regie: Jim Wynorski [als Jay Andrews] / Musik: Nael Acree / Kamera: Andrea V. Rossotto / Schnitt: Michael Kuge / Prod.: Jim Wynorski, Ion Ionescu, Michael Derbas / Ausf. Prod.: Peter Block, Lisa Hansen, Paul Hertzberg, Dan March, Kevin Tannehill / Buch: Ion Ionescu, A. G. Lawrence, William Monroe, Jim Wynorski [als Jay Andrews]
Michael Paré (Agent Ty Griffin), Sandra Hess (Agent Jennifer Wells), Fintan McKeown (Father Nikolai Soren), Kate Orsini (Dr. Christina Durant), Tim Abell (Lex), William Langlois (Inspector Aslan), Petri Roega (Father Bodesti), Rene Rivera (Gogol), Arthur Roberts (Bischof), Jason Rohrer (Richard Barrier), Bogdan Uritescu (Zero), Jim Wynorski (Bogdan) sowie Mihai Bisericanu, Claudiu Trandafir, Cristi Groza u.a.
Da ist aber ganz schön was los im Rumänien des Jahres 1532: ein schreckliches Ungetüm, eine Mischung aus Riesenfledermaus und Flugsaurier, schwingt sich aus den Lüften herab, um der Provinzbevölkerung, die sich mit Knüppeln und Fackeln bewaffnet zum Monster-Mob zusammengerauft hat, mächtig einzuheizen. Welch ein Glück, dass es da diesen beherzten Priester gibt, der mit Armbrust und Bannflüchen das Viech erstmal in eine Höhle tief unter die Erde verschwinden lässt.
Das war aber nur die Vorgeschichte, denn ein paar schlappe Jahrhunderte später, im Jahre 2004 um genau zu sein, wird das Monster in Bukarest durch ein Erdbeben wieder frei gesetzt. Das wäre ja zu schön, wenn Monster einfach mal unter der Erde bleiben würden. Und wer bei GARGOYLES – FLÜGEL DES GRAUENS aufhorcht, weil er sich schon seit geraumer Zeit auf eine Realfilm-Umsetzung der beliebten Disney-Zeichentrickserie freut, dürfte bei dem Namen des Regisseurs erst einmal in den Mond gucken: Jim Wynorski (DAS GRÜNE DING AUS DEM SUMPF, PROJECT VIPER). Juheisassa!
Die allseits bekannte Trashfilm-Koryphäe kurbelte unter seinem in Fankreisen geschätzten Pseudonym Jay Andrews für die bewährte B-Movie-Bude Cinetel Films einen Monsterfilm der leichteren Sorte herunter: gewohnt billig, trashig, haarsträubend und irgendwie voll daneben, wobei bei einer milden FSK-Freigabe ab 12 die auch bei Wynorski beliebten Zutaten Sex & Gewalt, zwei unverkennbare Merkmale seiner früheren Produktionen, außen vor bleiben. Doch es geht auch ohne Titten und blutige Effekte, denn diesmal hat Wynorski einen durchaus unterhaltsamen und auf seine Weise vergnüglichen Monster-Trash-Happen abgeliefert. Er brachte auch noch Michael Paré (ASTROCOP, POSTAL) mit unter, der, bevor er ganz fleißig an seinem Ruf als renommierter B-Movie-Star arbeiten sollte, in Walter Hills STRASSEN IN FLAMMEN (1984), der John-Carpenter-Produktion DAS PHILADELPHIA EXPERIMENT (1984), Roland Emmerichs MOON 44 (1987) und dem Remake DAS DORF DER VERDAMMTEN (1994), bei dem er bekanntlich wieder mit Carpenter, diesmal als Regisseur, zusammen arbeiten sollte, zu sehen war. Mittlerweile hat er ja seine Heimat in den gesammelten Werken des Dr. Uwe Boll gefunden und wird auch von Wynorski favorisiert, so setzte er ihn 2005 sowohl im billigen Action-Klopper CRASH LANDING als auch im Monster-Quickie KOMODO VS. COBRA ein.
Natürlich ist GARGOYLES – FLÜGEL DES GRAUENS kein Film, in dem ein Michael Paré schauspielerisch beansprucht wird, doch liefert er den Umständen entsprechend, und in Anbetracht dessen, was ihm das Drehbuch vorgibt, eine launige Darstellung ab. Hier positioniert er sich als amerikanischer CIA-Agent auf dem Dach einer ollen Fabrikhalle, um eine Geiselnahme (der Sohn eines Botschafters wurde entführt) ein für alle Mal zu beenden. Das endet jedoch in einer ansehnlich-rasanten Verfolgungsjagd, die mit Citroens und Fiats aus den tiefsten 90ern doppelt so gut ist: Es knallt und es rummst, Obststiegen fliegen durch die Luft, bis sie schließlich wieder in einer Halle (in diesem Fall eine Großfleischerei) endet. Die in diesem Metier beliebten, scheinbar brach liegenden Betriebsgelände müssen auch ordentlich ausgenutzt werden und so geht’s ratzbatz durchs Treppenhaus hinauf aufs Dach, wo der böse, geldgierige Geiselgangster von einem daher fliegenden Gargoyle in die Lüfte gezerrt wird. Paré kommt mit der Knarre angerannt und wundert sich, wo denn der Unhold, ohne dem Lösegeld, denn hin ist. Zusammen mit Sandra Hess (MORTAL KOMBAT 2, BEASTMASTER – DAS AUGE DES BRAXUS) als CIA-Partnerin untersucht er den mysteriösen Fall, was beide schließlich auf das Schloss Orlok führt, von dem hier behauptet wird, dass es einst von Graf Dracula bewohnt wurde. Was wiederum zu loligen Dialogzeilen wie diese hier führt:
Sie: „Ich glaube nicht, dass man Vampirismus studieren kann.““
Er: „Du wunderst dich mehr, was es alles gibt, wenn das Bildungswesen von liberalen Demokraten bestimmt wird.““
Da wird unser Jim Wynorski doch nicht etwa politisch werden auf seine alten Tage!
Doch der Grund, den die beiden CIA-Agenten Paré und Hess auf das ehemalige Anwesen von Dracula führte, ist ein anderer: Hoch oben auf der Schlossturmspitze wurde einer der vermissten Geiselgangster fachgerecht aufgespießt; fallen gelassen aus ein paar Hundert Metern Höhe. Startschuss frei zu einer Monsterjagd der haarsträubend-vergnüglichen Sorte.
Mit den Disney-Gargoyles hat dies hier freilich wenig zu tun. Wie war das noch mal: tagsüber sind sie aus Stein, während sie nachts zum Leben erwachen. Oder so. Hier flattern sie freilich auch am Tage durch die Gegend und sorgen entsprechend für allerlei Unruhe. Die CGI-Effekte sind mal wieder alles andere als ausgereift, was besonders deutlich wird, wenn die Gargoyles zusammen mit Menschen in einer Szene agieren, doch hat man in dieser Hinsicht, gerade bei Wynorski, schon deutlich schlechteres gesehen.
Natürlich ist auch dieser Wynorski-Schnellschuss mit diversen Nebenfiguren und -handlungssträngen gewohnt unausgegoren und klischeehaft zusammengeschustert wurden. Da mischen noch rivalisierende Gangs mit, die sich auf dem Dach einer Disco-Spelunke eine Ballerei abliefern, dabei aber von einem Gargoyle überrascht werden und ihm zum Opfer fallen (Enthauptung inklusive). Einziger Überlebender ist der satanisch veranlagte Discothekenbesitzer (Tim Abell), der aussieht wie Aragorn an einem schlechten Montagmorgen und sich in seinen Bühnenshows als David Copperfield der Dark-Wave-Szene ausprobiert. Der wird erst mal des Mordes bezichtet, in die Zwangsjacke gesteckt und eingebuchtet. Wynorski höchstpersönlich übernahm dabei den Mini-Part als dessen Assistent, einem Barkeeper, der während der Discodach-Ballerei vom Gargoyle auf nimmer Wiedersehen weggeschnappt wird. So manch Kritiker von Wynorski’s Filmen wäre froh, wenn’s denn wirklich so wäre. Isses aber nicht – ätsch!
Dann wären da noch drei Kirchenrestauratoren, wobei die zwei Herren gleich zu Beginn schreiend in die Tiefe gezogen werden und als vermisst gelten, zurück bleibt Kate Orsini als Fräulein Doktor (also: Doktor im Kopf, nicht so eine mit ’ner Praxis), die weiter ihren Forschungen nachgeht. Schließlich muss ja noch Mr. Paré zu seiner standardgemäßen Verabredung kommen. Dazwischen treiben konkurrierende Priester so ihre Spielchen, wobei Gut und Böse zum Schluss die Rollen tauschen, und wo man dachte, dass kirchliche Würdenträger manchmal etwas übergeschnappt sind, da wird auch einer weggeschnappt, in diesem Falle ein graumelierter Bischof (Arthur Roberts, SHARKMAN), der unseren beiden taffen Agenten gegenüber nur etwas Aufklärungsarbeit leisten wollte. Belustigend ist auch der Schwenk hinein in eine Riesenradgondel, wo ein angetütelter Daddy sein schreiendes Balg nachäfft und zur Strafe dafür vom Gargoyle weggezerrt wird. Vertrautes vermischt sich mit bewährtem, etwa wenn die von Geheimniskrämerei befallenen Priester eine Höhle bewachen, in der in einer Brutkammer á la ALIEN ein gutes Dutzend Baby-Gargoyles nur darauf warten, das Licht der Welt zu erblicken.
Manch einer wird sich bei den geschilderten Ereignissen mit Grausen abwenden, doch aufgrund einer Extraportion unfreiwilliger Komik ist das Teil hier, auf seine Weise, als durchaus unterhaltsam einzustufen. Wenn Agent Paré allein schon beim Anblick einer Digitalcamera feststellen kann, dass sich auf dem Speicherchip Fotos befinden, oder der Tag sich in vertrauter Ed-Wood-Manier plötzlich mit einem Mal zur Nacht gewandelt hat, dann kommt Freude auf. Dabei gibt dieses geheimnisvolle Rumänien, eines der Lieblings-Billigfilm-Länder der Amis, mit seinen Schlössern und Friedhöfen erneut eine durchaus hübsche Kulisse ab. Natürlich ist das hier ein ausgesprochener Unsinn, aber für meinen schlechten Geschmack geschah hier einfach zu viel, als dass Langweile aufkam.