THE FOG
USA 2005 / O: „The Fog“ / Prod.: David Foster Productions, Revolution Studios, Debra Hill Prod. / Laufzeit: 100 Min.
Regie: Rupert Wainwright / Musik: Graeme Revell / Kamera: Nathan Hope / Schnitt: Dennis Virkler / Ausf. Prod.: Derek Dauchy, Todd Garner, Dan Kolsrud / Prod.: John Carpenter, Debra Hill, David Foster / Buch: Cooper Layne, nach dem Original von John Carpenter & Debra Hill
Tom Welling (Nick Castle), Maggie Grace (Elizabeth Williams), Selma Blair (Stevie Wayne), DeRay Davis (Spooner), Kenneth Welsh (Tom Malone), Adrian Hough (Pater Malone), Sara Botsford (Kathy Williams), Cole Heppell (Andy Wayne), Mary Black (Tante Connie), Jonathon Young (Dan, der Wettermann), R. Nelson Brown (Machen) sowie Christian Bocher, Douglas Arthur, Yves Cameron, Charles Andre, Rade Serbedzija, Matthew Currie Holmes, Dan Shea, Rick Pearce, Stefan Arngrim u.a.
„Warum ich die Neuverfilmung mitproduziert habe? Weil ich damit ein paar Dollar verdiene. Mit dem Rest habe ich nichts zu tun.“ (John Carpenter)
Der Remake-Wahn geht weiter: Nach TEXAS CHAINSAW MASSACRE (2003, Marcus Nispel), DAWN OF THE DEAD (2004, Zack Snyder) und AMITYVILLE HORROR (2005, Andrew Douglas) gibt’s eine weitere Neuauflage eines bekannten 70er-Jahre-Horrorklassikers. Diesmal erfährt THE FOG – NEBEL DES GRAUENS (1980) von John Carpenter eine zielgruppengerechte Modernisierung, nach dem gefloppten ASSAULT ON PRECINCT 13 (2005) übrigens das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit, daß man sich einen seiner Filme annimmt. Für Carpenter, der sein eigenes Remake mitproduzierte, allemal die Möglichkeit, noch einmal ordentlich Kohle zu scheffeln, ohne den Finger krumm zu machen. Leider war dies auch die letzte Zusammenarbeit zwischen ihm und seiner langjährigen Filmpartnerin Debra Hill, die 1980 das Original entscheidend mit prägte, im März 2005 aber den Kampf gegen den heimtückischen Krebs verlor. Ihr ist auch dieser Film gewidmet.
Antonio Bay, ein kleines Städtchen auf einer idyllischen Insel vor der kalifornischen Küste, bereitet gerade die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen vor, womit auch die Gründerväter des Ortes geehrt werden sollen. Die hatten aber Haare auf den Zähnen: Vor über einem Jahrhundert nämlich setzten sie ein Schiff mit Leprakranken in Brand, die Eingeschlossenen starben ein qualvollen Tod. Persönliche Besitztümer, die man vor ihrem Ableben entnommen hat, werden nun an Land gespült, Dinge aus einer anderen Zeit: eine Taschenuhr, eine Haarbürste… Die ersten Vorboten des Unheils. Und schon wabert eine dicke, fette Nebelwand auf Antonio Bay zu und mit ihr die Geister, die niemand rief, aber doch gekommen sind, um grausam Rache zu nehmen….
Die Remakes der letzten Jahre müssen keinesfalls etwas schlechtes bedeuten, was TEXAS CHAINSAW MASSACRE und DAWN OF THE DEAD bewiesen haben. Das kann man dieser unsäglichen Neuverfilmung nicht behaupten. John Carpenters THE FOG – NEBEL DES GRAUENS ist ein wunderbarer, stimmiger Old-School-Grusler, der in all den Jahren seinen verdienten Klassikerstatus erreicht hat. Was Carpenter anno dazumal bereits in den ersten Bildern an Spannung und Atmosphäre aufbaute, erreicht Rupert Wainwright mit seinem faden Neuaufguss nicht ein einziges Mal während der 100 dahin plätschernden Minuten. Dieses Remake ging wirklich baden und ist so aufregend wie eine Tretbootfahrt vor dem Timmendorfer Strand.
Wainwrights vorherige Leinwand-Attacke (STIGMATA, 1999) lag schon ein Weilchen zurück, doch hat er in den Jahren einfach nicht gelernt, wie man spannende und aufregende Horrorfilme in Szene setzt. Mit dem vor Antonio Bays Küste wabernden Computernebel will jedenfalls keine Gruselstimmung aufkommen. Vielleicht hat es ja gar nicht so viel Nebelmaschinen bedurft, wie es den Anschein hat, es sind einfach die Auswirkungen des Drehbuchautoren: ihm qualmte beim schreiben der Kopf. Heraus gekommen ist trotzdem nichts gescheites. Vor allem bei dem neuen, aufgesetzten Schluss schien Autor Cooper Layne geistig umnebelt gewesen zu sein.
Das alles ist ziemlich konstruiert und uninspiriert. Da wird der nächste Schock-Effekt polternd heraufbeschwört, in dem die Macher ab und zu die Fresse von einem leprakranken Zombie vorbeihuschen lassen. Klimpernd und dröhnend kündigt die aufdringliche Musik von Graeme Revell jene Möchtegern-Schockmomente an, die auch hinter der dicksten Nebelwand jederzeit voraussehbar sind. Eigentlich enttäuschend, habe ich doch Revell als innovativen Soundtrackkomponisten in Erinnerung. Hier ging er genauso uninspiriert an die Arbeit wie alle anderen Beteiligten. Wenn man nur zurück denkt, welch schönen Score damals Carpenter für seinen Film komponierte, von dem eindringlichen Titelthema ganz zu schweigen, wird einem schon fast wehmütig ums Herz.
Natürlich erfuhr auch die Neubesetzung der damaligen Rollen eine Verjüngerungskur, die einen ziemlich alt aussehen läßt. Die ausdruckslosen Jungdarsteller mögen zwar jung und sexy aussehen, doch wären sie nur in ihren TV-Serien geblieben! SMALVILLE-Bubi Tom Welling, der Superman für die Kiddie-Fraktion, übernimmt die Rolle, die Tom Atkins 1980 verkörperte: die des Nick Castle, hier Kapitän eines Charterbootes, der unbeabsichtigt mit seinem Anker die Geister der Vergangenheit freisetzt. Atkins nahm man das Raubein von der Insel sofort ab, während man sich Welling bestenfalls als Tourist auf einer tschechischen Elbefähre vorstellen kann. Ebenso blass agieren Maggie Grace (LOST) als fader Ersatz von Jamie Lee Curtis, und Selma Blair (HELLBOY) als Radiomoderatorin (im Original von Carpenters damaliger Frau Adrienne Barbeau gespielt). Unsäglich auch das gekünstelte Spiel von Adrian Hough, der aus dem Part des Pater Malone, der so einiges über die schreckliche Vergangenheit von Antonio Bay weiß und im Original wunderbar von Hal Holbrock verkörpert wurde, eine wirr brabbelnde Schnapsdrossel macht.
Angesichts von so viel filmischen Horror hätte man diesen Gruselschwank besser in THE FOG – REMAKE DES GRAUENS umbenennen sollen.
Wie dem auch sei: Rupert Wainwright durfte 2009 noch eine Folge der kurzlebigen Serie FEAR ITSELF und danach noch 2 Kurzfilme inszenieren. Danach hat die Filmwelt nie wieder etwas von ihm gehört.
- „Ob es an den Akteuren selbst lag, am Skript oder an der Regie, die hier nicht eingegriffen hat, ist schon kaum mehr von Belang, denn das Endergebnis ist es, was zählt, und hier entpuppt sich dieses Remake als ein film verpasster Möglichkeiten.“ (MOVIESTAR, 01/2006)
- „Sicher ist der Film leidlich gruselig. Jedoch nicht wegen der gut abgehangenen Wasserleichen, des beeindruckenden Großeinsatzes von Nebelmaschinen und der nervösen Kamera, sondern wegen der Verschlimmbesserungen, die dem Drehbuch widerfuhren.“ (CINEMA, 01/06)