DRAKAPA - DAS UNGEHEUER MIT DER KRALLENHAND
USA / Philippinen 1970 / O: "Beast of Blood" / AT: "Blood Devils"; "Die blutgierigen Teufel"; "Horrors of Blood Island"; "Return of the Horrors of Blood Island" / Prod.: Independent International Pictures Group / Laufzeit: 87 Min. (ungekürzte Vollbildfassung) + 78 Min. (kürzere Widescreenfassung) / FSK: ---
Regie + Buch: Eddie Romero / Musik: Tito Arevalo / Kamera: Justo Paulino / Ausf. Prod.: Kane W. Lynn / Prod.: Eddie Romero, Sam Sherman (ungenannt) / Story: Beverly Miller
John Ashley (Dr. Foster), Celeste Yarnall (Myra Russell), Eddie Garcia (Dr. Lorca), Liza Belmonte (Laida), Alfonso Carvajal (Ramu), Bruno Punzalan (Razak), Beverly Miller (Captain) u.a.
Bei dem 1970 gedrehten DRAKAPA – DAS MONSTER MIT DER KRALLENHAND handelt es sich um den dritten Teil der sogenannten BLOOD ISLAND-Monsterfilm-Trilogie und es ist seltsamerweise auch der einzige Film dieser Reihe, der in Deutschland veröffentlicht wurde (Kinostart war hier der 14.01.1972). Verwirrung ist angesagt, denn eben dieser hier besprochene dritte Teil (Originaltitel: BEAST OF BLOOD) schließt direkt an den Vorgänger an, der eben den deutschen Zuschauern vorenthalten wurde.
In allen drei BLOOD ISLAND-Filmen spielt übrigens eine Schmalztolle namens John Ashley die Hauptrolle, allerdings verkörpert dieser im ersten Teil noch eine andere Figur als in den beiden Nachfolgefilmen, jeweils aber immer den aufrechten Helden mit dem obligatorischem Blondchen an der Seite. Los ging es im Jahre 1968 mit BRIDES OF BLOOD: Unter der gemeinsamen Regie von Gerardo de Leon und Eddie Romero ist radioaktive Strahlung in Folge von Atombombentests Schuld daran, das die Flora und Fauna einer beschaulichen Philippinen-Insel ein gar monströses Eigenleben entwickelt.
Der ein Jahr später abermals von de Leon / Romero hinterher geschobene Nachfolger mit dem wirklich vielversprechenden Titel MAD DOCTOR OF BLOOD ISLAND spielt wiederum auf der Blutinsel, beschreitet inhaltlich aber gänzlich andere Pfade, bleibt aber auf bewährtem Terrain. Hier muss nun John Ashley als Dr. Foster herausfinden warum eine mysteriöse Krankheit menschliches Blut in giftgrünes Chlorophyll verwandelt und dann ist da noch ein gar schreckliches Monstrum mit grünem Blut, das durch den Dschungel tapst und Menschen zerhackstückelt. Steckt da etwa der dubiose Wissenschaftler Dr. Lorca dahinter, der in seinem unterirdischem Höhlenlaboratorium seinen nicht weniger dubiosen Experimenten nachgeht? Am Ende jedenfalls fliegt alles in die Luft und der gute Doc findet dabei scheinbar den Tod…
Und nach diesen Ereignissen schließt der dritte Teil an: BEAST OF BLOOD, den Eddie Romero (freilich nicht verwandt mit dem guten George) diesmal im Alleingang bewerkstelligte. Zu Beginn befinden wir uns auf einem ollen Klapperkahn, auf den sich Dr. Foster hat retten können. Mit an Bord ist auch das grünblütige Chlorophyll-Monster, das offensichtlich zu Forschungszwecken mit ins Amiland gebracht werden soll. Das wird übrigens in der deutschen Fassung, warum auch immer, auf den Namen „Drakapa“ getauft. Nun ja, letzten Endes heißen wir ja alle irgendwie. Was aber so ein Monster mit Krallenhand ist, das lässt sich nicht lange ruhig stellen und wetzt schon bald die Pranken das die Planken wanken. Kutterkahn und Schiffsbesatzung werden in alle Einzelteile zerlegt, bis nur noch der gute Dr. Foster als Strandgut im Meer treibt, während sich Drakapa auf Blood Island retten kann.
An dieser Stelle setzt erst mal der Vorspann an, der mit seiner einlullenden Mucke, den psychedelisch-leuchtenden Farben und obskuren Monsterfratzen DAS Kunstwerk des gesamten Films ist. Danach herrscht eine ziemlich laaange Durststrecke und bis wir Drakapa mal wieder sehen, müssen wir uns erst mal die Spinnenweben von unseren Körpern abklopfen. Gleich nach den Credits begegnen wir Doc Foster wieder, der mopsfidel auf den Beinen ist und grad wieder ein Schiff betritt. Und wohin geht die Reise? Richtig, nach Blood Island. Mit an Bord ist auch noch die kesse und natürlich blonde Reporterin Myra (Celeste Yarnall), die eine große Story wittert. Was man von diesem Film eher nicht behaupten kann…
Auf Blood Island angekommen wird Foster von den Eingeborenen und seinem alten Kumpel Ramu (Alfonso Carvajal war schon im Vorgänger in dieser Rolle zu sehen) empfangen, denn ein paar Insulaner sind verloren gegangen und/oder wurden verschleppt. Folgerichtig ist die Stimmung erst mal am Boden … übrigens auch bald beim Zuschauer.
Machen wir uns nix vor: zu viel Rumgelatsche durch den Dschungel, zu viele trantütelige Dialoge, viel Leerlauf, kaum Spannung und ein zähes Tempo machen DRAKAPA, DAS MONSTER MIT DER KRALLENHAND zu einer eher langatmigen Angelegenheit. Einige Schießereien sorgen denn auch dafür, dass der Zuschauer nicht endgültig wegratzt; neben den Schusswechseln wird der eine oder andere Eingeborene auch mal gepfählt oder landet aufgespießt in der Fallgrube, wobei das Kunstblut galonenweise fließt. Dazwischen lässt sich Dr. Foster im Wald von einer Einheimischen verführen und bekommt von Myra ein Glas Milch gereicht, bevor auch sie dann in die Koje springen. Die verkrampfte und harmlose Softerotikeinlage wurde damals in der deutschen Kinofassung gecancelt, obwohl doch zu dieser Zeit in diversen Schulmädchen- und Hausfrauenreporten viel mehr gezeigt wurde. Das Mysterium der deutschen Zensur hat noch niemand verstanden.
Irgendwann taucht auch ein im Gesicht entstellter Dr. Lorca wieder auf, der – Überraschung! – den zweiten Teil überlebt hat und nun hinkend durch sein Labor humpelt, wo er weiter seinen bizarren Experimenten (Kopftransplantationen!) nachgeht. Die Laborausstattung ist mit den ganzen tollen Apparaturen mal wieder ein besonderer Hingucker, incl. der in den Pappfelsen eingestanzten Schiebetüre. Und dort begegnen wir auch Drakapa wieder, der aber fast ausschließlich auf der OP-Pritsche festgezurrt wurde, während sein (abgetrennter!) Kopf im wahrsten Sinne des Wortes ein Nischendasein führt und misstrauisch das Geschehen beäugt. Kopf und Körper liegen irgendwo zwischen verkohlt und verwest, sind aber immer noch quicklebendig. Ja und Drakapa darf auch mal was sagen und kommt ganz zum Schluss, leider viel zu spät, doch noch zu seinem großen Einsatz. Allesamt Momente des Grotesken, auf die man hier viel zu lange hat warten müssen.
In gewisser liefert DRAKAPA in Teilbereichen einen kleinen Vorgeschmack auf das, was Jahre später Italo-Splatter wie WOODOO – DIE SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES (1979, Lucio Fulci) und ZOMBIES UNTER KANNIBALEN (1979, Marino Girolami) zelebrierten. Die Zutaten sind jedenfalls auch hier vorhanden: ein verrückter Wissenschaftler, der auf einer scheinbar idyllischen Insel seinen wilden Experimenten nachgeht, eine mysteriöse Krankheit, die sich breit gemacht hat, aufgescheuchte Insulaner, die als Versuchskaninchen herhalten müssen und dann der aufrechte, aber langweilige Held, der dem blutigen Treiben Einhalt gebietet.
Die exploitationhafte Herangehensweise, der krude Mix aus Gore und nackter Haut mit seiner Handvoll Titten und den unbedarften Gewaltszenen, wirken heutzutage schon wieder harmlos und primitiv, waren für die damalige Zeit aber schon ein Novum. In Großaufnahme zu bestaunen gibt es noch eine bizarre OP-Szene, für die ein Stück Schweinefleisch herhalten musste. 40 Jahre, nachdem der olle Schinken damals im Kino lief, hat man nun endlich die Gelegenheit ihn wieder zu sehen – ein prähistorisch-filmhistorischer Fund, den die Schundspezialisten von Subkultur Entertainment da ausgebuddelt haben.
DRAKAPA – DAS MONSTER MIT DER KRALLENHAND auf DVD
Nach dem Mad-Scientist-Quatsch ASTRO ZOMBIES – ROBOTER DES GRAUENS, dem Double Feature DIE BESTIEN / DER SCHLÄCHTER (Besprechung steht noch aus) und dem auf den Philippinen spielenden Women-in-Prison-Trash FRAUEN HINTER ZUCHTHAUSMAUERN bleiben wir gleich dort und so wandert DRAKAPA, DAS MONSTER MIT DER KRALLENHAND als deutsche DVD-Premiere ab in den dekorativen Pappschuber zu den anderen anrüchigen Schmutz- und Schundschockern wandert.
Und so hat Subkultur mal wieder ein tolles Extrapaket geschnürt, in dem man doch einige interessante Sachen über das philippinische Kino in Erfahrung bringen kann. Zunächst liegt DRAKAPA in 2 verschiedenen Versionen vor: einmal in der ungekürzten Vollbild-Fassung (87 Min.) und dann in der kürzeren Widescreen-Fassung (78 Min., hier fehlt u.a. der gesamte Prolog; diese Szenen konnten nicht mehr restauriert werden), die mit den ganzen Laufstreifen für eine echte Grindhouse-Atmosphäre sorgt. Beide Varianten kann man wahlweise mit der schon obligatorischen Trailer-Parade genießen und da hat man ja auch wieder einige Raritäten zutage gefördert. Als da wären: ARSCHIBALD DER PORNO-BUTLER (ohne Worte), den Asiaklopper GOZAKKO über „ein menschliches Wesen mit der Kraft eines King Kong“, den Spaghetti-Western SARG DER BLUTIGEN RACHE (1971) mit Klaus Kinski, die mit Ben Gazzara, Paul Winfield, Britt Ekland u.a. prominent besetzte, launige Actionkiste BLUTHUNDE – VOM TEUFEL ZERRISSEN (1976) und den Italo-Ballerstreifen FLASH SOLO (1975) mit Thomas Milian und Joseph Cotten.
Sehr zu empfehlen ist hier der sehr unterhaltsame Audiokommentar mit Jörg Buttgereit und Media Target-Verleiher Kai Nowak, die mit Humor und Fachkenntnis über die Hintergründe zu diesem Filipino-Trash berichten (im Prinzip kann man den Film auch nur in dieser Form ohne sich zu langweilen antun). Weiterhin gibt es noch ein 7minütiges Interview mit Produzent Sam Sherman sowie die obligatorische Bildergalerie, den deutschen und den Original Trailer und die Super-8-Fassung. Ein zusätzliches Schmankerl ist noch das gewohnt informativ-ironische Booklet von Pelle Felsch, der u.a. über das philippinische Kino und die Zusammenhänge innerhalb der BLOOD ISLAND-Saga berichtet. Veröffentlichungstermin dieser sehr schönen DVD war der 10.11.2011 – und ja, sie ist mittlerweile vergriffen.
Am 31.01.2013 schob Subkultur noch 2 sehr schöne, auf 150 Stück limitierte Hartboxen (hier und hier) hinterher, die aber als Bonus lediglich den Trailer beinhalten.
- Dr. Lorca wird hier von einem anderen Schauspieler als im Vorgänger verkörpert: vom 1921 geborenen Eddie Garcia, ein auf den Philippinen angesehener, viel beschäftigter und mehrfach ausgezeichneter Schauspieler und Regisseur, der auch heute noch (im stolzen Alter von 90 Jahren) vor der Kamera aktiv ist und es laut imdb auf 482 Einträge als Darsteller bringt. Respekt!
- John Ashley und Eddie Garcia waren noch im selben Jahr in einem weiterem Eddie-Romero-Heuler zu sehen: THE BEAST OF YELLOW NIGHT. Mit Eddie Romero kollaborierte Ashley noch des öfteren; Anfang der 70er auch hinter der Kamera, wo er als Produzent auf den Philippinen an einigen Blaxploitation-Filmen (z.B. THE BIG DOLL HOUSE, 1971 und BLACK MAMA, WHITE MAMA, 1973, beide übrigens mit Pam Grier und Sid Haig) beteiligt war. Interessante Randnotiz: aufgrund seiner Erfahrungen mit dem philippinischen Filmbusiness war er auch als Produzent bei APOKALYPSE NOW (1979) mit beteiligt. In früheren Jahren trällerte Ashley sich durch einen Gesangsauftritt in DER SATAN MIT DEN 1000 MASKEN (1958), war im Gruselheuler FRANKENSTEINS TOCHTER (1958) zu sehen und war einer der Produzenten bei DAS A-TEAM (1983 bis 87), wo er übrigens der Sprecher im Intro war. John Ashley starb 1997 im Alter von 62 Jahren in Folge eines Herzinfarkts.
- Celeste Yarnall hatte neben vielen anderen Gastauftritten in damals populären Serien (darunter SOLO FÜR UNCLE; BONANZA; THE FBI etc.) auch eine Rolle in STAR TREK, wo sie 1967 in der Folge „The Apple“ Scottys Liebe verkörperte. 2010 wurde sie auch für die Doku MACHETE MAIDENS UNLEASHED! interviewt, die sich ausgiebig mit dem philippinischen Exploitation-Kino beschäftigt und wo auch noch mal Eddie Romero, Eddie Garcia und der dato bereits verstorbene John Ashley sich zu Wort melden
- Heimlicher Star hier ist Bruno Punzalan (im ersten BLOOD ISLAND-Film war er noch in einer anderen Rolle zu sehen) als grunzender, glatzköpfiger Ygor-Verschnitt mit aufgepumpten Muskel-Shirt namens Razak, der sich auch als Türsteher gut machen würde
- „Eddie Romero arbeitet dermaßen lausig, dass daneben selbst seine Knallchargen von Darstellern verblassen. Das Drehbuch besteht aus einer Aneinanderreihung von unlogischen Szenen, irrwitzigen Dialogen und mehr oder weniger bekannten Versatzstücken des Mad-Scientist-Themas.“ (Frank Trebbin, DIE ANGST SITZT NEBEN DIR)
- „So können auch die ansehnlichen Naturaufnahmen und die spärlichen Gruseleffekte nicht über die uninspirierte und dilettantische Machart dieses monströsen Schwachsinns hinweg trösten.“ (Harry Lieber, HÖLLE AUF ERDEN)
- „Einige Gruseleffekte und schöne Urwaldaufnahmen machen die dürftige Handlung und die Plumpheit der Spezialeffekte nicht wett.“ (LEXIKON DES INTERNATIONALEN FILMS)