BURIED - LEBEND BEGRABEN
USA / Spanien 2010 / O: "Buried" / Prod.: The Safran Company; Dark Trick Films; / Laufzeit (blu-ray): 95 Min. (uncut) / FSK: ab 16
Regie + Schnitt: Rodrigo Cortés / Musik: Victor Reyes / Kamera: Eduard Grau / Ausf. Prod.: Alejandro Miranda, Rodrigo Cortés / Prod.: Adrián Guerra, Peter Safran / Buch: Chris Sparling
Ryan Reynolds (Paul Conroy), Stimmen in der OF: Samantha Mathis (Linda Conroy), Stephen Tobolowsky (Alan Davenport), José Luis García Pérez (Jabir), Robert Paterson (Dan Brenner), Erik Palladino (Special Agent Harris) u.a.
1962 spielte Ray Milland in Roger Cormans famos-makabrer Edgar-Allan-Poe-Verfilmung LEBENDIG BEGRABEN einen Mann, der in ständiger Furcht lebte, lebendig begraben zu werden und darum alle möglichen Vorkehrungen traf, damit dieser Alptraum eben nicht eintraf – was aber nichts nützte, fand er sich schließlich dann doch bei vollem Bewusstsein in einem Sarg wieder.
2010 ist es nun Ryan Reynolds gewesen, der sich als ahnungsloser Truckerfahrer ganz unvermittelt in einem Holzsarg wieder findet; ausgestattet mit einem komischen Handy und einem Feuerzeug. Wie er dahin gekommen ist und wer ihm das angetan hat – keine Ahnung. Soweit die Ausgangssituation zu einem der ausgeklügelsten Thriller der letzten Jahre – und zwar einer, der noch lange nachwirken wird.
Für sich genommen bietet die Idee mit ihrer phantastischen Umsetzung eine echte Abwechslung im manchmal doch faden Genre-Allerlei, obwohl Abwechslung für sich genommen hier ein Kriterium ist, das in diesem Fall ausgeklammert bleibt, da der Film tatsächlich anderthalb Stunden in einem Holzsarg verbringt, also in dem Sinne wenig Abwechslung bringt. Jetzt bleibt die Neugier, wie denn so ein Film aussehen mag. Doch Regisseur Rodrigo Cortés und sein Autor Chris Sparling haben alles richtig gemacht, damit BURIED – LEBEND BEGRABEN nicht zu einer filmischen Dunkelstunde verkommt und bürgen hier für ein geradezu beklemmendes Filmerlebnis, dem man sich nur schwer entziehen kann – wenn man in der Lage ist, sich darauf einzulassen.
Das Spiel mit menschlichen Urängsten (wer will schon lebendig begraben werden) ist dabei nicht im geringsten langweilig und bleibt durchgehend spannend und fesselnd, nicht zuletzt weil man um das Schicksal und das Leben von Paul Conroy mitbangt. Dreh- und Angelpunkt des „unterirdischen Geschehens“ sind hier die zahlreichen Telefongespräche, die er hier führt, u.a. auch mit jener Person, die ihm das Ganze eingebrockt hat. Wie an einem Strohhalm klammert sich Paul Conroy an eben dieses Handy fest, doch mit den vielen Telefonaten (mit Behörden, Arbeitgeber, Familienmitgliedern etc.) erreicht er – letzten Endes – überhaupt nichts, zumal ihm zunächst keiner, trotz intensiver Schilderung seiner misslichen Lage, so recht glauben mag und er stattdessen nicht nur einmal in der Warteschleife fest hängt: die Warteschleife in den Tod. Makabre Situationen, die vor Sarkasmus geradezu triefen, wobei das Telefonat mit Arbeitgeber und Personalchef den absurden Höhepunkt darstellt: eine Rettung ist nicht in Sicht, stattdessen gibt’s die Kündigung. Merke: wenn Du mal in einer Holzkiste verbuddelt wirst, dann wirst Du gefeuert!
Der am spärlichsten ausgestattete Film, der jemals gedreht wurde, gibt dem Begriff „Kammerspiel“ eine völlig neue Bedeutung. BURIED – LEBEND BEGRABEN ist Minimalismus pur und zeigt eindrucksvoll, wie viel man mit nur ganz wenigen Mitteln – Ein Handlungsort! Ein Hauptdarsteller! – erreichen kann. Regisseur Rodrigo Cortés schafft es in seinem zweiten Spielfilm, dieses beklemmende Gefühl des Ein- und Weggesperrtsein, diese schiere Ausweglosigkeit auf den Zuschauer zu übertragen – man wird förmlich in den Holzsarg mit hinein gezogen und gerade auf der großen Leinwand wird die ausweglose Situation, dieses unangenehme, geradezu erdrückende Gefühl der Klaustrophobie, noch um einiges verstärkt.
Brillante Kameraeinstellungen, eine perfekte Ausleuchtung der Dunkelheit, diverse Perspektivwechsel und Ryan Reynolds leisten ihr übriges, um BURIED – LEBEND BEGRABEN zu einem intensiven, unvergesslichen Thriller-Erlebnis zu machen. Respekt an Cortés, dass er all das konsequent durchzieht ohne dabei nicht doch einmal einen (erlösenden) Blick an die Oberfläche zu wagen (etwa in Form von Rückblenden oder einem aufgedrängeltem Happy End). Dieser Film wird einen förmlich runter ziehen!